Noch bis Ende März dürfen frühere Verdingkinder und «administrativ Versorgte» ein Gesuch auf Entschädigung stellen. Danach gibt es kaum noch eine Chance, im den Genuss einer finanziellen Wiedergutmachung des Bundes zu kommen.
Luzius Mader (62), Delegierter für Opfer von sogenannten fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Stellvertretender Direktor des Bundesamts für Justiz, erklärt: «Der Termin Ende März ist fix.»
Man brauche irgendwann die Gewissheit, «wie viele Gesuche auf uns zukommen, damit wir die finanzielle Obergrenze von 300 Millionen Franken einhalten können». Bis zum 31. März sei ja noch etwas Zeit. Mader ist sich bewusst, dass viele bis dahin kein Gesuch einreichen werden. «Sei es, weil sie alte Wunden nicht aufreissen wollen, sei es, weil sie sich ihren Zorn über die ungerechte Behandlung durch die Behörden nicht mit Geld abkaufen lassen wollen», so Mader.
«Die Grünen werden sich dafür einsetzen»
Vertreter von Betroffenen-Organisationen plädieren dennoch für eine Verlängerung der Frist. Der Initiant der «Wiedergutmachungsinitiative» Guido Fluri (51) kann sich eine Verlängerung ebenfalls vorstellen.
Dies aber ist Sache der Politik. «Die Grünen werden sich dafür einsetzen, dass die Zeichen der Hoffnung nicht gleich wieder abgewürgt werden», sagt Parteipräsidentin Regula Rytz (55). «Eine Fristverlängerung ist nötig!» Das Gesetz über die Aufarbeitung der fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen sei ein wichtiges Signal, so die Berner Nationalrätin. Die Befristung auf ein Jahr sei damit begründet worden, dass rasch geholfen werden solle.
Nun werde dies leider zum Bumerang, so die Grünen-Chefin. «Bundesrätin Sommaruga muss schnellstmöglich eine Gesetzesänderung mit einer Fristverlängerung vorlegen. Diese kann bis spätestens Anfang 2019 in Kraft treten», so Rytz. Support erhält sie von SP-Ständerat Claude Janiak (69), der eine Verlängerung unterstützen will, wenn Vertreter der Betroffenen sie verlangen.
Sozialdemokraten uneinig
Die Sozialdemokraten sind sich in dieser Frage nicht einig: «Die Opfer hatten meines Erachtens ausreichend Zeit für die Einreichung von Gesuchen», sagt Nationalrätin Evi Allemann (39, BE). Zudem seien es bei der Ausarbeitung des Gesetztes «insbesondere die Vertreter der Opfer» gewesen, die sich für eine kürzere Frist ausgesprochen hätten. Falls es praktische Probleme geben sollte bei der Einhaltung des Termins, «genügt es, das Gesuch einzureichen und den Hinweis zu machen, dass noch weitere Unterlagen folgen werden», so Allemann. Der Zuger FDP-Ständerat Joachim Eder (66) ist überzeugt, dass sich der politische Wille für eine Verlängerung finden werde, sollten die Betroffenen dies fordern. Er war einer der ersten und engagiertesten Bürgerlichen, der sich für die Entschädigung stark machte.
Bund und Behörden hätten sich bemüht, betont er. «Nun aber sehen wir, dass der ganze Prozess halt doch etwas schwieriger ist, als ursprünglich gedacht.»
Eder kann sich auch eine Alternative zur Fristverlängerung vorstellen: «Ein ebenso starkes Zeichen wäre es, wenn stattdessen zumindest ein Teil der nicht beantragten Gelder jenen Institutionen zur Verfügung gestellt würde, die sich für die Betroffenen einsetzen.»