Veraltetes IT-System
Osteuropäische Namen werden bei Einbürgerung «verwestlicht»

In Osteuropa gebräuchliche Sonderzeichen können nicht in den Schweizer Pass übernommen werden. Dadurch wurden bei der Einbürgerung bereits über 100'000 Osteuropäer umgetauft.
Publiziert: 03.09.2016 um 22:45 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 20:40 Uhr
Hunderttausende Osteuropäische Namen wurden abgeändert, weil sie nicht korrekt in den Schweizer Pass übernommen werden konnten (Symbolbild).
Foto: CHRISTIAN BEUTLER

Osteuropäische Namen können nicht korrekt in den Schweizer Pass übernommen werden. Der Grund: Das eidgenössische Personenstandsregister basiert auf einem veralteten IT-System, welches in Osteuropa gebräuchliche Sonderzeichen nicht erfassen kann.

Über 100'000 Betroffene

Dies berichtete «Das Magazin» in seiner Ausgabe von Samstag. Aus diesem Grund seien bei der Einbürgerung in die Schweiz zwischen 1990 und 2014 die Namen von mehr als 100'000 Osteuropäerinnen und Osteuropäern «verwestlicht» worden, schreibt die Autorin unter Verweis auf das Bundesamt für Statistik.

Betroffen sind demnach vor allem Personen aus dem ehemaligen Jugoslawien, deren Name auf -ić - in der Schweiz als -ic ohne Strich auf dem «c» erscheint. Betroffen sind aber auch Schweizerinnen und Schweizer mit Namen aus Tschechien, Polen, Rumänien, Ungarn, Lettland, Litauen und der Türkei.

Das eidgenössische Personenstandsregister basiert auf dem IT-System Infostar und einem Standardzeichensatz nach der ISO-zertifizierten Norm ISO 8859-15. Diese umfasst per Definition das westeuropäische Alphabet. Westeuropäische Sonderzeichen werden daher korrekt abgebildet: beispielsweise das spanische ñ, das dänische ø, das schwedische å.

Problem ist dem Bundesamt für Justiz bekannt

In einem Brief an einen Betroffenen, welcher der Nachrichtenagentur sda vorliegt, bestätigt das Bundesamt für Justiz die uneinheitliche Praxis. «Dass es in der Schweiz mehr und mehr Vor- und Familiennamen gibt, deren 'richtige' Darstellung durch die rechtliche Massgeblichkeit jenes Zeichensatzes verunmöglicht wird, ist bekannt», heisst es darin.

Anpassen lässt sich die Praxis allerdings nicht so schnell. Denn dafür müsste «nicht nur das Personenstandsregister des EJPD angepasst werden, sondern auch sämtliche Personendatenbanken auf allen Verwaltungsebenen der Schweiz - beim Bund, den Kantonen und den Gemeinden.» Wann die nächste Änderung des Zeichensatzes anstehe, sei offen.

Gleichzeitig äussert das Bundesamt, dass es das «Unverständnis» des Betroffenen «gut nachvollziehen» könne und dankt dem Mann: «Ihr Schreiben hilft uns freilich, die Notwendigkeit von Massnahmen mit konkreten Bedürfnissen unserer Bürgerinnen und Bürger zu belegen und mit diesen abzustimmen.» (SDA/kra)

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