Die Mündung der Seez in den Walensee bei Walenstadt SG ist ein unscheinbares, flaches Kiesdelta. Das Wasser steht nur knöcheltief – doch nach ein paar Metern geht es steil in die Tiefe, Strömung und Wirbel bilden einen Sog. Am Sonntagabend kommt es hier zum Drama: Matze K.* († 33) ertrinkt, als er seinem ältesten Sohn Darius († 8) helfen will. Eine Wasserwalze zieht beide in die Tiefe – sie werden erst Stunden später tot geborgen.
Gegen 19 Uhr grillieren Dutzende Menschen beim Delta. Toni Milello (38) ist mit Frau und Töchterchen (2) da. «Wir wollten, dass sich unsere Deutsche Dogge im Wasser abkühlt», sagt der Töffmechaniker aus Walenstadt.
«Plötzlich sagte meine Frau, weiter hinten sei etwas, ich müsse sofort hin.» Als Milello bei der Mündung ankommt, sieht er einen Buben mit einem kleinen Hund auf einer Luftmatratze. «Daran klammerte sich eine Frau.»
Es ist Viktoria G.* (30), die Partnerin von Matze K., mit Cedric (7), dem jüngeren Sohn des Paares. «Die Frau war erstarrt. Ich zog die Luftmatratze an Land, ein Kollege half vom See her. Dann hiess es, zwei Menschen würden vermisst», sagt Milello mit Tränen in den Augen. «Plötzlich tauchte eine rote Sandale auf.»
Auch der Maurer Patrik Mullis (40) aus Sargans SG grilliert mit Freundin und Schäferhund neben dem Kiesdelta: «Ich alarmierte sofort die Polizei. Es dauerte etwa 45 Minuten, bis die ersten Taucher kamen.» Mullis und seine Freundin rufen derweil Fischer herbei, die in ihren Booten auf dem See sind. Einheimische wissen, wie gefährlich die Stelle ist. «Keiner geht dort baden», sagt Mullis.
Matze K. und Viktoria G. stammen aus Ostdeutschland und leben seit sechs Jahren in Walenstadtberg SG. Er arbeitete im Rohrleitungsbau bei der Firma RS-Montagen. Deren Inhaber Ruedi Schrepfer (50) ist schockiert. Kurz vor ein Uhr nachts bekommt er ein SMS von der Partnerin des Ertrunkenen. «Da stand, Matze und Darius seien im See ertrunken. Ich dachte zuerst, jemand mache einen bösen Witz.»
Matze K. sei ein vorbildlicher Arbeiter gewesen, sagt Schrepfer. «Er war sehr hilfsbereit. Nichts war ihm zu viel. Er war immer bereit, länger oder auch mal an einem Samstag zu arbeiten. Es ist einfach grausam und so unendlich traurig.»
Seit 2004 stehen bei allen drei Deltazugängen Warnschilder. Kurt Reich von der St. Galler Seepolizei: «Der Gemeinde steht es frei, ein Badeverbot zu verfügen.» Bisher habe man das nicht für nötig gehalten. «Denn», sagt Reich, «das Delta soll für die Bevölkerung frei zugänglich sein. Der Kanton will nicht alles absperren und verbieten.»