Besonders arg traf es die Stadt Zofingen und die umliegenden Gemeinden. Seit 45 Jahren sei er bei der Feuerwehr, aber so etwas habe er noch nie erlebt, sagte der Zofinger Feuerwehrkommandant Peter Ruch am Sonntag vor den Medien.
Nach dem heftigen Gewitterregen sei die Stadt innerhalb von 30 Minuten flächendeckend überflutet worden. Weil die Kanalisation durch abgeschlagenes Laubwerk und Geröll verstopft wurde, bahnte sich das Oberflächenwasser den Weg quer durch die Stadt.
Betroffen von den Fluten waren der Ortsteil Mühlethal sowie tiefer gelegene Quartiere, die Altstadt und die Industriegebiete. Mehrere Betriebe, Keller, Tiefgaragen, Unterführungen und das Bahnhofparking standen teils meterhoch unter Wasser.
Im Parkhaus beim Bahnhof waren laut Ruch rund 100 Autos abgestellt. Diese seien durch die Wassermassen ineinander geschoben worden. An vielen Fahrzeugen sei Totalschaden entstanden. Am Sonntag wurden die Autos auf einen Abstellplatz in Wikon LU gebracht.
«Wir können von Glück reden, dass keine Menschenleben zu beklagen sind», sagte Stadträtin Christine Guyer. Zwei Personen, die auf dem Schlamm ausgerutscht waren, mussten ins Spital gebracht und zwei Personen aus beschädigten Gebäuden evakuiert werden. Ein Autofahrer, der in der Bahnhofunterführung im Wasser stecken blieb, konnte sich selber aus dem Auto befreien.
Weil Trafostationen unter Wasser standen, fiel in grossen Teilen der Stadt der Strom aus. Im Seniorenzentrum war die Stromversorgung bis am Sonntagmittag unterbrochen. Dank Notstromaggregaten habe jedoch zu keiner Zeit eine Gefährdung der Bewohner bestanden, sagte Guyer.
Insgesamt waren in der Nacht rund 300 Rettungskräfte im Einsatz, darunter mehrere Feuer- und Chemiewehren, der Zivilschutz und ein Löschzug der SBB. Am Sonntag arbeiteten rund 120 Einsatzkräfte mit Hochdruck daran, die überschwemmten Unterführungen für den Verkehr passierbar zu machen, Keller auszupumpen und die Stromversorgung sicherzustellen.
Bis am Sonntagabend konnte fast das ganze Zofinger Stadtgebiet wieder mit Strom versorgt werden, mit Ausnahme von 15 Liegenschaften. Bei diesen seien die Elektroinstallationen durch das Wasser beschädigt worden, aus Sicherheitsgründen konnten sie noch nicht ans Stromnetz angeschlossen werden, teilte die Stadt am Abend mit.
Insgesamt waren bei der kantonalen Notrufzentrale und bei der Feuerwehr Zofingen 491 Schadenmeldungen eingegangen. Die meisten Rettungseinsätze konnten bis am Sonntagabend abgeschlossen werden. In den nächsten Tagen stehen allerdings noch aufwändige Aufräumarbeiten an.
Die Schadensumme sei noch nicht zu beziffern, hiess es an der Medienkonferenz. Stadträtin Guyer geht jedoch von einem «dreistelligen Millionenbetrag» aus. Neben privaten Haushalten seien auch etliche Betriebe von den Überschwemmungen betroffen.
So wurde etwa beim «Zofinger Tagblatt» (ZT) das Papierlager überflutet. Rund 100 Tonnen Zeitungspapier stünden im Wasser, sagte ein Redaktor. Das ZT müsse deshalb in den nächsten Tagen bei der «Aargauer Zeitung» gedruckt werden.
Um auf weitere Regenfälle vorbereitet zu sein, befreiten die Feuerwehren Strassen und Bachläufe von Schmutz und Geröll. Ausserdem wurden gezielt an gefährdeten Stellen Wassersperren aufgebaut.
Das Unwetter beeinträchtigte auch den Verkehr auf Strasse und Schiene. Laut der Aargauer Kantonspolizei wurde die A1 bei Oftringen überflutet. Vorübergehend kam der Verkehr in beiden Richtungen zum erliegen. In Zofingen standen zudem am Samstagabend zwei Gleise unter Wasser. Im Kanton Glarus wurde ein fahrendes Auto von umstürzenden Bäumen eingeklemmt. Der Lenker blieb unverletzt.
Heftige Gewitter entluden sich auch in Teilen der Kantone Bern und Solothurn. Die Kantonspolizei Bern erhielt zwischen Samstag, 16 Uhr, und Sonntag, 9 Uhr, insgesamt 300 Schadenmeldungen.
Wie Polizeisprecherin Daniela Sigrist am Sonntagmittag auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda sagte, kamen die meisten davon aus dem Seeland, und zwar aus den Gemeinden Biel, Bellmund, Ipsach, Port und Nidau.
In der Nacht auf Sonntag wurde zudem wegen Unwetterschäden die Bahnlinie Langenthal-St. Urban LU unterbrochen. Im Kanton Solothurn waren vor allem die Gemeinden Gretzenbach, Däniken und Dulliken vom Unwetter betroffen. Die kantonale Alarmzentrale registrierte über 60 Schadenmeldungen, wie die Kantonspolizei Solothurn mitteilte.
In knapp 50 Fällen seien Wassereinbrüche gemeldet worden. Allein in Gretzenbach wurden 19 Keller überschwemmt. Der starke Wind entwurzelte zudem zahlreiche Bäume.
Am Samstagnachmittag und -abend waren teils heftige Gewitter über die Schweiz gezogen - und haben der Hitzewelle ein Ende gesetzt. Wurden vorerst noch Temperaturen von bis zu 34,8 Grad gemessen, stürmte es später am Tag stellenweise heftig.
Die kräftigsten Gewitterzellen entluden sich laut SRF-Meteo im Oberaargau sowie im aargauischen Suhren- und Wynental. In Wynau BE und Unterkulm AG wurden 77 Millimeter Regen gemessen. Für die Überschwemmungen entscheidend sei gewesen, dass der Hauptniederschlag in nur zwei Stunden gefallen sei und der Hagel teilweise die Abläufe verstopft habe.