AHV-Steuer-Deal ist unter Dach und Fach
Nur das Volk kann den Kuhhandel noch stoppen

Der AHV-Steuerdeal steht. Der Ständerat hat die letzten Differenzen ausgeräumt. Damit ist die Steuervorlage 17 bereit für die Schlussabstimmung am Ende der Herbstsession.
Publiziert: 17.09.2018 um 15:54 Uhr
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Aktualisiert: 18.09.2018 um 14:59 Uhr
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SVP-Finanzminister Ueli Maurer darf zufrieden sein: Auch der Nationalrat hat der Steuervorlage 17 zugestimmt.
Foto: KEYSTONE

Nationalrat und Ständerat haben der Verknüpfung von Unternehmenssteuerreform und AHV-Finanzspritze mit grosser Mehrheit zugestimmt. Der Schulterschluss von SP, CVP und FDP hat sich bisher als solide erwiesen. Geschlossen Nein sagten nur die Grünliberalen. Bei der SVP und den Grünen, die ebenfalls gegen den AHV-Steuer-Deal sind, gab es jeweils Abweichler.

Zwei kleine Differenzen

Im Ständerat galt es zuletzt noch zwei Differenzen auszuräumen, die Formulierung des Gemeindeartikels und die Einschränkung des Kapitaleinlageprinzips. Der Nationalrat hatte insbesondere beschlossen, dass dieses uneingeschränkt gelten soll für Firmen, die seit der Volksabstimmung über die Unternehmenssteuerreform II in die Schweiz gezogen sind. Diese fand im Februar 2008 statt.

Für den Ständerat war zunächst das Inkrafttreten Anfang 2011 massgeblich. In der Differenzbereinigung hat er nun jedoch nachgegeben. Das gleiche gilt für den Gemeindeartikel: Die Auswirkungen der Unternehmenssteuerreform auf die Gemeinden müssen nicht nur berücksichtigt, sondern abgegolten werden.

Jungparteien wollen Referendum ergreifen

Die Schlussabstimmung ist nicht die letzte Hürde für die Steuervorlage. Die Jungen Grünen haben bereits das Referendum angekündigt, auch in der SP-Basis gibt es Unzufriedene. Gelingt es den Gegnern, rechtzeitig 50'000 Unterschriften zu sammeln, kommt das Geschäft voraussichtlich am 19. Mai 2019 vors Volk.

Die Chancen der Steuervorlage an der Urne sind schwer abzuschätzen. Der Abstimmungskampf gegen das Vorgängerprojekt, die Unternehmenssteuerreform III, hatte eine überraschende Dynamik. Zum Beispiel liessen einige kritische Aussagen von Ex-Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf im BLICK die Zustimmung zur Vorlage einbrechen. Auch aus den Städten und Gemeinden kam unerwartet viel Widerstand.

Was macht die SP-Basis?

Der Steuervorlage 17 könnte eine Allianz aus linken Steuersenkungs-Gegnern und rechter Opposition gegen die AHV-Finanzierung zum Verhängnis werden. Auf der anderen Seite werden die Befürworter die Reihen diesmal geschlossen halten. Zu viel steht für die Schweizer Wirtschaft auf dem Spiel.

Abzuwarten bleibt allerdings, wie sich die Delegierten der SP positionieren. Folgen sie der Parteispitze, die den Kuhhandel befürwortet oder stellen sie sich auf die Seite der Jusos, die für ein Referendum weibeln?

Die Zeit wird knapp

Kern der Steuervorlage ist die Abschaffung der international nicht mehr akzeptierten kantonalen Steuerprivilegien für Holdings und andere Spezialgesellschaften. Die EU hat der Schweiz dafür bis Ende 2018 Zeit gegeben. Kommt ein Referendum zu Stande, ist dieser Termin nicht einzuhalten.

Die EU-Finanzminister könnten die Schweiz im März 2019 von der grauen Beobachtungs-Liste auf die schwarze Liste der nicht kooperativen Steuergebiete verschieben. Es ist aber möglich, dass sie den Schritt bis nach der Referendumsabstimmung im Mai aufschieben.

Darum gehts beim AHV-Steuer-Deal

Das sind die wichtigsten Punkte des gigantisch grossen Projekts, das die Steuerreform und die AHV-Sanierung kombiniert:

STEUERPRIVILEGIEN: Die international nicht mehr akzeptierten Steuerprivilegien für Statusgesellschaften werden abgeschafft.

KAPITALEINLAGEPRINZIP: Börsenkotierte Unternehmen dürfen Kapitaleinlagereserven nur dann steuerfrei auszahlen, wenn sie in gleicher Höhe steuerbare Dividenden ausschütten. Ausnahmen gelten für Zahlungen innerhalb eines Konzerns und für Reserven, die im Rahmen eines Zuzugs vor Einführung des Kapitaleinlageprinzips im Jahr 2011 entstanden sind.

AHV: Die AHV erhält zusätzlich rund 2 Milliarden Franken pro Jahr. So hoch werden die Kosten des STAF geschätzt. 1,2 Milliarden tragen Arbeitgeber und Arbeitnehmer mit insgesamt 0,3 Lohnprozenten bei. Jene 17 Prozent des MwSt.-Demografieprozents, die heute in die Bundeskasse fliessen, gehen künftig an die AHV. Das bringt 520 Millionen Franken. Der Bundesanteil an die AHV-Ausgaben wird von 19,55 auf 20,2 Prozent erhöht, was zu Mehreinnahmen von 300 Millionen Franken führt. Der AHV-Fonds rutscht dadurch drei bis vier Jahre später in den kritischen Bereich.

BUNDESSTEUER: Der Anteil der Kantone an der direkten Bundessteuer wird von 17 Prozent auf 21,2 Prozent erhöht. Das verschafft den Kantonen den Spielraum für die Senkung der Gewinnsteuersätze. Die meisten Kantone planen, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen.

GEMEINDEKLAUSEL: Im Zusammenhang mit dem höheren Kantonsanteil müssen neu auch Städte und Gemeinden berücksichtigt werden. Diese Bestimmung hat keine rechtsverbindliche Wirkung.

DIVIDENDEN: Dividenden auf Beteiligungen von mindestens 10 Prozent werden beim Bund zu mindestens 70 Prozent besteuert, bei den Kantonen zu mindestens 50 Prozent.

ZINSABZUG: Hochsteuerkantone können den Abzug eines fiktiven Zinses auf überschüssigem Eigenkapital zulassen. Dadurch sinkt die Gewinnsteuer. Voraussichtlich profitiert davon nur der Kanton Zürich. 

FORSCHUNG: Der Aufwand für Forschung und Entwicklung im Inland kann zu 150 Prozent von den Steuern abgezogen werden.

PATENTBOX: In der Patentbox können die Kantone Erträge aus Patenten und vergleichbaren Rechten ermässigt besteuern. Die Entlastung darf höchstens 90 Prozent betragen.

STILLE RESERVEN: Unternehmen, die ihren Sitz in die Schweiz verlegen, können aufgedeckte stille Reserven während 10 Jahren abschreiben. Dadurch sinkt die Gewinnsteuer. Die stillen Reserven von Unternehmen, die ihre kantonalen Steuerprivilegien verlieren, werden gesondert besteuert.

MINDESTBESTEUERUNG: Die gesamte Entlastung durch Zinsabzug, Patentbox, Forschungsabzüge und gesonderte Besteuerung stiller Reserven ist auf 70 Prozent begrenzt.

KAPITALSTEUER: Die Kantone können bei der Kapitalsteuer Erleichterungen vorsehen.

TRANSPONIERUNG: Wer Beteiligungen an eine Firma verkauft, die ihm selber zu mindestens 50 Prozent gehört, soll den Gewinn immer versteuern müssen. Heute ist der Verkauf von Beteiligungen unter 5 Prozent steuerfrei.

FINANZAUSGLEICH: Im Zug der STAF wird auch der Finanzausgleich zwischen den Kantonen angepasst. Geändert wird die Gewichtung der Unternehmensgewinne im Ressourcenpotenzial. Das könnte dazu führen, dass einige Kantone ressourcenstärker werden und mehr in den Finanzausgleich einzahlen müssen.

STEUERANRECHNUNG: Schweizerische Betriebsstätten ausländischer Unternehmen sollen unter Umständen Quellensteuern auf Erträgen aus Drittstaaten mit einer pauschalen Steueranrechnung geltend machen können.

Der Ständerat will nicht zu allen Abstimmungen Namenslisten veröffentlichen. Die Mehrheit fürchtet, das könnte der Diskussionskultur schaden. (Archivbild)
Der Ständerat will nicht zu allen Abstimmungen Namenslisten veröffentlichen. Die Mehrheit fürchtet, das könnte der Diskussionskultur schaden. (Archivbild)
KEYSTONE/ANTHONY ANEX

Das sind die wichtigsten Punkte des gigantisch grossen Projekts, das die Steuerreform und die AHV-Sanierung kombiniert:

STEUERPRIVILEGIEN: Die international nicht mehr akzeptierten Steuerprivilegien für Statusgesellschaften werden abgeschafft.

KAPITALEINLAGEPRINZIP: Börsenkotierte Unternehmen dürfen Kapitaleinlagereserven nur dann steuerfrei auszahlen, wenn sie in gleicher Höhe steuerbare Dividenden ausschütten. Ausnahmen gelten für Zahlungen innerhalb eines Konzerns und für Reserven, die im Rahmen eines Zuzugs vor Einführung des Kapitaleinlageprinzips im Jahr 2011 entstanden sind.

AHV: Die AHV erhält zusätzlich rund 2 Milliarden Franken pro Jahr. So hoch werden die Kosten des STAF geschätzt. 1,2 Milliarden tragen Arbeitgeber und Arbeitnehmer mit insgesamt 0,3 Lohnprozenten bei. Jene 17 Prozent des MwSt.-Demografieprozents, die heute in die Bundeskasse fliessen, gehen künftig an die AHV. Das bringt 520 Millionen Franken. Der Bundesanteil an die AHV-Ausgaben wird von 19,55 auf 20,2 Prozent erhöht, was zu Mehreinnahmen von 300 Millionen Franken führt. Der AHV-Fonds rutscht dadurch drei bis vier Jahre später in den kritischen Bereich.

BUNDESSTEUER: Der Anteil der Kantone an der direkten Bundessteuer wird von 17 Prozent auf 21,2 Prozent erhöht. Das verschafft den Kantonen den Spielraum für die Senkung der Gewinnsteuersätze. Die meisten Kantone planen, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen.

GEMEINDEKLAUSEL: Im Zusammenhang mit dem höheren Kantonsanteil müssen neu auch Städte und Gemeinden berücksichtigt werden. Diese Bestimmung hat keine rechtsverbindliche Wirkung.

DIVIDENDEN: Dividenden auf Beteiligungen von mindestens 10 Prozent werden beim Bund zu mindestens 70 Prozent besteuert, bei den Kantonen zu mindestens 50 Prozent.

ZINSABZUG: Hochsteuerkantone können den Abzug eines fiktiven Zinses auf überschüssigem Eigenkapital zulassen. Dadurch sinkt die Gewinnsteuer. Voraussichtlich profitiert davon nur der Kanton Zürich. 

FORSCHUNG: Der Aufwand für Forschung und Entwicklung im Inland kann zu 150 Prozent von den Steuern abgezogen werden.

PATENTBOX: In der Patentbox können die Kantone Erträge aus Patenten und vergleichbaren Rechten ermässigt besteuern. Die Entlastung darf höchstens 90 Prozent betragen.

STILLE RESERVEN: Unternehmen, die ihren Sitz in die Schweiz verlegen, können aufgedeckte stille Reserven während 10 Jahren abschreiben. Dadurch sinkt die Gewinnsteuer. Die stillen Reserven von Unternehmen, die ihre kantonalen Steuerprivilegien verlieren, werden gesondert besteuert.

MINDESTBESTEUERUNG: Die gesamte Entlastung durch Zinsabzug, Patentbox, Forschungsabzüge und gesonderte Besteuerung stiller Reserven ist auf 70 Prozent begrenzt.

KAPITALSTEUER: Die Kantone können bei der Kapitalsteuer Erleichterungen vorsehen.

TRANSPONIERUNG: Wer Beteiligungen an eine Firma verkauft, die ihm selber zu mindestens 50 Prozent gehört, soll den Gewinn immer versteuern müssen. Heute ist der Verkauf von Beteiligungen unter 5 Prozent steuerfrei.

FINANZAUSGLEICH: Im Zug der STAF wird auch der Finanzausgleich zwischen den Kantonen angepasst. Geändert wird die Gewichtung der Unternehmensgewinne im Ressourcenpotenzial. Das könnte dazu führen, dass einige Kantone ressourcenstärker werden und mehr in den Finanzausgleich einzahlen müssen.

STEUERANRECHNUNG: Schweizerische Betriebsstätten ausländischer Unternehmen sollen unter Umständen Quellensteuern auf Erträgen aus Drittstaaten mit einer pauschalen Steueranrechnung geltend machen können.

Was der Schweiz bei einem Nein droht, ist unklar

Welche Sanktionen mit einem Platz auf der schwarzen Liste verbunden sind, ist nach wie vor unklar. Die Rechtsunsicherheit ist für die betroffenen Unternehmen aber ohnehin belastend. Immerhin weiss man in den Chefetagen seit heute, welches Steuerklima in der Schweiz in Zukunft herrschen könnte.

Jene Statusgesellschaften, die ihre Steuerprivilegien verlieren, zahlen in Zukunft höhere Steuern. Die Verwaltung hat errechnet, dass das selbst für jene gilt, die die neuen Sonderregelungen voll ausnutzen. Für die bisher ordentlich besteuerten Unternehmen hingegen sinkt die Steuerlast. Die öffentliche Hand muss mit Steuerausfällen rechnen.

Den Bund kostet die Reform 700 Millionen

Den Bund kostet die Steuervorlage unter dem Strich rund 700 Millionen Franken. Setzen die Kantone ihre Pläne in die Tat um, verlieren sie gesamthaft rund 1,3 Milliarde Franken. Damit belaufen sich die Kosten insgesamt auf 2 Milliarden Franken. Als Ausgleich fliesst der gleiche Betrag in die AHV. Arbeitgeber und Arbeitnehmer steuern zusammen 1,2 Milliarden Franken bei, der Bund gut 800 Millionen Franken. (sf/sda)

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