Der Bundesrat hat einen sozialen Ausgleich über die Familienzulagen vorgeschlagen. Es brauche eine Kompensation, sagte Kommissionspräsident Pirmin Bischof (CVP/SO) am Mittwoch vor den Bundeshausmedien. Nach Ansicht der WAK sei eine Erhöhung der Familienzulagen aber ungenügend, weil davon nur ein Teil der Bevölkerung profitiere.
Stattdessen hat sich die Kommission einstimmig auf den Grundsatz geeinigt, dass für jeden Steuerfranken, der durch die Steuervorlage 17 entfällt, ein Franken in die AHV fliessen soll. Bei der Berechnung stützt sie sich auf die vorläufigen Umsetzungsprojekte der Kantone. Unter dem Strich würden sich die Steuerausfälle auf knapp 2 Milliarden Franken belaufen.
Dafür sollen im Rahmen der Steuervorlage 17 rund 2,1 Milliarden in die AHV fliessen. 1,2 Milliarden Franken kämen von 3 zusätzlichen Lohnpromille, die Arbeitnehmer und Arbeitgeber je hälftig tragen sollen, 520 Millionen Franken würde die Zuweisung des ganzen AHV-Mehrwertsteuerprozents an den AHV-Fonds beitragen, 385 Millionen Franken die Erhöhung des Bundesbeitrags an die AHV.
Mit dieser Lösung würde sich das Parlament den Gefallen tun, den Druck von der AHV zu nehmen, so dass für die Sanierung etwas mehr Zeit bliebe. Die Ständeratskommission glaubt ausserdem, dass die Vorlage mit einem Ausgleich bei der AHV in einer Volksabstimmung bessere Chancen hat als mit höheren Kinderzulagen. «Die Frage ist, wo mehr Zustimmung bei der Stimmbevölkerung zu erwarten ist», sagte Bischof.
Einen Kuhhandel bietet die WAK aber nicht nur dem Volk, sondern auch den potenziellen Gegnern der Steuervorlage an. Die Linke will sie an Bord holen, indem ein Makel der Unternehmenssteuerrefom II teilweise getilgt wird.
Das damals eingeführte, hoch umstrittene Kapitaleinlageprinzip soll so angepasst werden, dass steuerfreie Kapitalausschüttungen nur noch in einem bestimmten Verhältnis zu steuerbaren Dividendenzahlungen erfolgen dürfen. Unbeantwortet ist vorerst die Frage, wie die Standortattraktivität erhalten und Umgehungen vermieden werden sollen.
Die Unternehmen möchte die Kommission mit einer tieferen Dividendenbesteuerung gewinnen. Der Bundesrat hat vorgeschlagen, dass Dividenden zu mindestens 70 Prozent besteuert werden müssen. Nach dem Willen der WAK sollen es beim Bund 70 Prozent sein, auf Ebene Kanton hingegen nur 50 Prozent.
Schliesslich bringt die Kommission auch die zinsbereinigte Gewinnsteuer wieder ins Spiel, die beim Absturz der Unternehmenssteuerreform III eine Rolle gespielt hatte. Davon sollen aber nur Hochsteuerkantone profitieren - zwei oder drei, wie Bischof sagte. Um welche es sich handelt, wollte er nicht preisgeben. Klar ist lediglich, dass der Kanton Zürich profitiert, was die Chancen der Vorlage deutlich erhöhen dürfte.
Die Zeichen stehen zumindest nicht schlechter als vorher. Die Linke ist insgesamt zufrieden mit den Vorschlägen der WAK. Für die SP und die Grünen ist damit die Erhöhung des Frauenrentenalters vom Tisch. Daniel Lampart, Chefökonom des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes, zieht eine positive Gesamtbilanz. FDP und CVP äusserten sich in ersten Stellungnahmen ebenfalls optimistisch.
Die SVP ist zurückhaltend. Sie will zuerst die Auswirkung der Vorschläge auf die KMU prüfen. Zudem will sie sicherstellen, dass die Erhöhung des Frauenrentenalters nicht auf der Strecke bleibt. Der Arbeitgeberverband befürchtet ebenfalls, dass Strukturreformen in der Altersvorsorge verzögert werden könnten. Er lehnt auch zusätzliche Lohnprozente für die AHV ab. Immerhin wollen die Arbeitgeber die Vorschläge der Kommission eingehend prüfen.
Laut Bischof handelt es sich vorerst um Eckwerte. Die Kommission habe diesen einstimmig zugestimmt, betonte der Präsident. Die übrigen Punkte der Steuervorlage 17 wird die Kommission Ende nächster Woche behandeln, so dass sich der Ständerat in der Sommersession damit befassen kann.
Die Reform der Unternehmensbesteuerung ist nötig, weil die Schweiz unter Druck des Auslands die kantonalen Steuerprivilegien für internationale Unternehmen abschaffen muss. Tiefere Gewinnsteuern und weitere Vergünstigungen sollen die mobilen Firmen dazu bewegen, trotzdem in der Schweiz zu bleiben.
Im «Werkzeugkasten», aus dem sich die Kantone nach ihren Bedürfnissen bedienen können, findet sich zum Beispiel die Patentbox. Diese ermöglicht nach den Vorschlägen des Bundesrates einen massiven Steuerrabatt auf Erträgen aus Patenten und verwandten Schutzrechten.
Kantone können zudem mehr als die tatsächlichen Kosten für Forschung und Entwicklung zum Abzug zulassen, was einer Subvention gleichkommt. Weitere Steuerbegünstigungen sind bei der Aufdeckung stiller Reserven oder bei der Kapitalsteuer möglich.
Ziel des Bundesrats ist es, die Steuervorlage 17 in der Herbstsession durchs Parlament zu bringen. Wird kein Referendum ergriffen, könnten erste Massnahmen auf Anfang 2019 und der Hauptteil der Massnahmen ab 2020 in Kraft treten.