Die Zahl der chinesischen Transaktionen in Europa ist gegenüber dem Vorjahressemester um einen Drittel zurückgegangen, wie eine am Dienstag veröffentlichte Studie des Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmens EY zeigt.
Im ersten Semester 2017 wurden noch 117 Übernahmen, Beteiligungen und Fusionen verzeichnet. Im Vorjahressemester waren es 176 Deals. Das Volumen erreichte gemäss EY-Auswertung 26,3 Milliarden US-Dollar. Im Vorjahreszeitraum wurde mit einem Rekordwert von 73 Milliarden Dollar fast dreimal so viel investiert.
Wie in den Märkten Deutschland, Italien und Grossbritannien ging auch in der Schweiz die Anzahl Transaktionen zurück: Während im ersten Halbjahr 2016 neun Deals verzeichnet wurden, waren es im ersten Semester 2017 noch fünf.
Davon sind drei bereits abgeschlossen. Das in Hongkong ansässige Investment-Unternehmen Phoenix Green hat sich am Neuenburger Uhrenhersteller Ernest Borel beteiligt. Der chinesische Internetkonzern Alibaba leistete bei der Finanzierungsrunde des Waadtländer Start-ups WayRay einen wesentlichen Beitrag.
Und Cedar Lake Capital Partners hat die Mehrheit des Hightech-Unternehmens Montratec erworben, welches im solothurnischen Gerlafingen angesiedelt ist.
Bei drei der fünf Deals beläuft sich Summe auf 806 Millionen US-Dollar, wie die Auswertung weiter zeigt. Im Vorjahressemester sorgte die Übernahme des Basler Agrochemie-Unternehmens Syngenta durch ChemChina über 44 Milliarden Dollar für einen einmaligen Ausschlag, weshalb nun ein massiver Einbruch resultiert.
Der grösste schweizerisch-chinesische Deal des Halbjahres 2017 ist allerdings noch nicht in trockenen Tüchern: Der Rohstoffkonzern Glencore bringt seine Erdöllager-Sparte in ein Joint Venture mit der chinesischen HNA-Gruppe ein. Der Deal hat einen Wert von 775 Millionen US-Dollar. Auch der Einstieg der HNA beim Basler Reisedetailhändler Dufry ist noch nicht abgeschlossen.
In der ersten Jahreshälfte waren vor allem Industrieunternehmen im Fokus der chinesischen Käufer, wie EY weiter schreibt. Auch vier der fünf Schweizer Deals betrafen Industrieunternehmen. Darauf folgen Technologie- und Finanzunternehmen.
EY geht davon aus, dass das Interesse von chinesischen Unternehmen an Schweizer Firmen hoch bleiben wird. Auch grosse Unternehmen, die derzeit noch im Besitz von Finanzinvestoren oder Teilbereiche von Grosskonzernen sind, dürften an Adressen aus China gehen. Der Brexit könne das chinesische Interesse ausserdem zusätzlich befeuern.
Neue Rekorde erwartet das Beratungsunternehmen indes nicht. So würden chinesische Offerten für Technologieführer auf europäischer Seite kritisch begleitet und auf chinesischer Seite werde versucht, durch verschärfte Kontrollen die Kapitalflucht aus dem Land zu verhindern.
Ausserdem seien die Interessenten aus China vorsichtiger und professioneller geworden. EY rechnet daher mit weniger, dafür deutlich nachhaltigeren Deals.