Unkontrollierte Vermehrung streunender Katzen
Obdachlose auf Samtpfoten

In der Schweiz leben bis zu 300'000 herrenlose Katzen, die nicht kastriert sind und sich theoretisch millionenfach vermehren könnten – das ist ein Problem. Blick hat darüber mit einer Katzenpsychologin und einem Tierheimleiter gesprochen.
Publiziert: 06.06.2021 um 10:00 Uhr
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2019 hat das Zürcher Tierheim rund 200 Katzen aufgenommen.
Foto: Zürcher Tierschutz // Tierheim
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Laut dem Zürcher Tierschutz könnten aus einem Katzenpaar innert zehn Jahren rund 80 Millionen Nachkommen hervorgehen. Das ist jedoch eine theoretische Zahl – Schätzungen des NetAP (Network Animal Protection) zufolge, werden pro Jahr rund 100'000 unerwünschte Katzen getötet.

Dennoch: Herrenlose Katzen sind in der Schweiz ein Problem, da sie sich unkontrolliert vermehren. Wichtig ist deshalb, dass die rund 1,7 Millionen Freigängerkatzen von ihren Halterinnen und Haltern kastriert werden – einzig: eine Kastrationspflicht besteht in der Schweiz bis heute nicht.

Blick hat mit einer Expertin und einem Experten darüber gesprochen, wie herrenlose Katzen ins Tierheim kommen, wie sie dort gepflegt werden und ob sich «Streuner» als Haustiere eignen.

Kastration im Tierheim

2019 hat das Zürcher Tierheim gut 200 Katzen aufgenommen, darunter knapp 40 Streuner. Laut Rommy Los, Leiter des Tierheims Zürichberg, kämen die Vierbeiner auf verschiedenen Wege zu ihnen: «Manchmal werden herrenlose Katzen von Privatpersonen eingefangen und zu uns gebracht, manchmal werden Katzen von Tierschutz-Räumungsaktionen bei uns abgegeben.»

Im Tierheim werde jedes Tier einem medizinischen Check unterzogen. Ist es krank, erhält es die passende Behandlung. Und: Die Vierbeiner werden kastriert. Das sei wichtig, denn: «Vermehren sich die Katzen unkontrolliert, kommt es in bestimmten Gebieten zu einer hohen Katzendichte, was zu Krankheiten, Revierkämpfen und Futterneid führt.»

Streuner sind keine Schmusekatzen

Es ist nicht immer einfach für herrenlose Katzen ein Zuhause zu finden. Manche sind den Menschenkontakt nicht gewohnt und können ihn gar nicht erst zulassen. Dazu sagt Los: «In solchen Fällen bringen wir die Tiere auf abgelegene Bauernhöfe.» Dort würden die Tiere versorgt werden, ohne eine Bindung zum Menschen aufbauen zu müssen.

«Werden Streuner gegen ihren Willen zu Haustieren, muss genügend Freiheit geboten werden und man muss sich bewusst sein, dass aus dem Tier nie eine Schmusekatze wird», sagt die Katzenpsychologin Manuela Schüpbach.

Fühle sich eine Katze eingeengt, so seien Verhaltensprobleme programmiert. Dies zeige sich darin, dass das Tier Aggressionen äussert, Möbel zerkratzt, aufhört zu fressen oder sich tagelang versteckt.

«Die Vierbeiner mögen keine Veränderung»

Verhaltensstörungen entstehen aber nicht nur bei herrenlosen Katzen, die sich keinen Menschenkontakt gewohnt sind. Grosse Probleme entstehen bei allen Katzen, die durch Menschen traumatische Erlebnisse erfahren haben. Zum Beispiel, wenn sie misshandelt oder vernachlässigt wurden.

«Die Tiere können aber auch dann einen seelischen Schaden erleiden, wenn sie von einem Ort zum nächsten gegeben werden», sagt die Katzenpsychologin. Ein Problem, worüber verschiedene Medien während der Pandemie immer wieder berichtet haben: Katzen, die spontan adoptiert wurden, um im Homeoffice für Ablenkung zu sorgen, dann aber nach ein paar Monaten wieder ins Tierheim zurückgegeben wurden.

«Die Vierbeiner mögen keine Veränderung und brauchen ihre Routine», erklärt Schüpbach. Es sei wichtig, dass Frauchen und Herrchen auf die Bedürfnisse der Katze eingehen – für das harmonische Zusammenleben von Mensch und Tier. (une)


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