Um der Wahrheit zum Durchbruch zu verhelfen
Künzle musste seine Mutter verklagen

Samuel Künzle hat nach dem Tod seines Papas herausgefunden, dass eigentlich sein Götti sein Erzeuger ist. Ein Vaterschaftstest belegt es. Nun stellen sich einige rechtliche Fragen, die der Ostschweizer Schritt für Schritt angehen muss.
Publiziert: 24.05.2023 um 01:27 Uhr
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Aktualisiert: 24.05.2023 um 09:20 Uhr
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Samuel Künzle weiss seit einem Jahr, dass er ein Kuckuckskind ist.
Foto: Philippe Rossier
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Samuel Künzle (32) musste im letzten Jahr einiges meistern. Sein Papa starb im März an Herzversagen. Zeit, um zu trauern, blieb kaum. Denn kurz darauf erfuhr der Ostschweizer, dass nicht der Verstorbene, sondern sein Götti sein Erzeuger ist. Das stellte Künzle vor viele rechtliche Herausforderungen, wie etwa die Vaterschaftsanerkennung seines Erzeugers.

«Mir war es wichtig, dass die Wahrheit überall in meinen Unterlagen steht, wie etwa im Familienbüchlein», sagt Künzle zu Blick. «Dafür musste ich zuerst die bestehende Vaterschaft anfechten. Da mein Papi tot ist, musste ich meine Mutter verklagen.»

«Meine Mutter hat zuerst alles abgestritten»
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Nicht mehr als zwei Elternteile

In der Schweiz kann ein Kind offiziell nicht mehr als zwei Elternteile haben. «Das heisst, erst wenn das bestehende Kindesverhältnis zum rechtlichen Vater aufgehoben ist, kann der biologische Vater das Kind anerkennen», erklärt der Zürcher Rechtsanwalt Matthias Michlig. «Eine solche Anfechtungsklage eines Kindes richtet sich immer gegen den eingetragenen Vater und die Mutter.»

In der Schweiz gilt bei einer verheirateten Frau die gesetzliche Vermutung, dass der Ehemann der Vater des Kindes ist. Diese Vermutung kann vor Gericht angefochten werden. «Dieses Klagerecht steht gemäss Gesetz nur dem Ehemann und dem Kind zu.» Dabei gelte jeweils: «Der Ehemann kann innert eines Jahres ab Kenntnis der Geburt und der Tatsache, dass er nicht der Vater ist und bis zu maximal fünf Jahren ab Geburt klagen. Das Kind muss bis spätestens ein Jahr nach Erreichen der Volljährigkeit Klage erheben.» Bei beiden Fristen gebe es jedoch Ausnahmen, falls triftige Gründe vorliegen. Michlig: «Bei den Ausnahmen sind die Gerichte recht grosszügig. Krankheit, Abwesenheit und Urteilsunfähigkeit als auch beispielsweise die Hoffnung des Ehemannes, die Ehe mit der Mutter weiterzuführen, werden von den Gerichten anerkannt.»

Auch Künzle nahm eine Ausnahmeregelung wahr. Das Resultat erfolgte am Dienstag. Die bestehende Vaterschaft wurde aufgehoben. Nun kann er die Vaterschaftsanerkennung in Angriff nehmen.

Wie sieht es bei Erbschaften aus?

Zwar macht Künzle klar, dass es ihm bei der Vaterschaftsanerkennung nicht um die Absicherung einer Erbschaft geht. «Doch nach Gesetz würde ihm mindestens der Pflichtteil zustehen, sobald sein Götti per rechtskräftigem Entscheid als sein Vater im Zivilstandregister registriert ist», sagt der Ostschweizer Erbrechtsanwalt George Weber. «Heisst: Ist der Götti nicht verheiratet und hat keine weiteren Kinder, steht dem jungen Mann mindestens die Hälfte des Vermögens seines Vaters zu.»

Von seinem Grossvater stehe Künzle nichts direkt zu, solange sein Vater lebe. «Ausser, er erwähnt ihn in einem Testament oder schliesst mit ihm einen Erbvertrag ab. Letzterer ist für beide Parteien verbindlich.»

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