Bruno Winzeler (33) deutet auf sechs weisse, im Halbkreis angeordnete Striche auf seinem Unterarm. «Hier hat mich eine wunderschöne Frau gebissen», sagt er zu BLICK. Die Narbe sei eine von vielen, die er aus den 15 Jahren als Türsteher davongetragen habe. Er gesteht: «Es ist die einzige, die ich mag!»
Die bissige Frau war zunächst nur eine weitere von zig Betrunkenen in einem Zürcher Club. Winzeler ist im Dienst: «Ihr ging es offensichtlich nicht gut, deshalb habe ich ihr ein Wasser angeboten.»
Doch die Frau will von einer Erfrischung nichts wissen. Mit beiden Fäusten schlägt sie dem Türsteher gegen die Brust. «Dann packte sie plötzlich meinen Arm und biss zu», sagt er. Winzeler versucht, die Angreiferin abzuschütteln: «Keine Chance, sie hatte sich richtig festgebissen.»
Handschellen nach Bisswunde
Schliesslich klicken die Handschellen. Die Polizei führt die Partygängerin ab. Einige Tage später, nachdem sie den Kater dieser Nacht ausgeschlafen hat, entschuldigt sie sich bei ihm. «Heute ist sie eine gute Freundin», sagt Winzeler und lacht.
Bruno lässt die Erlebnisse der Nächte nicht an sich ran. «Bruno», wie Winzeler sich als Privatperson nennt, darf darüber lachen. Der Türsteher «Bruno» nicht.
Bei Prügeleien oder Unfällen im Ausgang sei er der Erste, der Nothilfe leisten müsse. «Ein Partygast schlug sich an der Treppe den Kopf einmal so heftig auf, dass ich die Schädeldecke sehen konnte. Solche Bilder bleiben im Kopf. Damit werde ich fertig, weil ich den Türsteher von mir als Person trenne», sagt Winzeler dazu.
Aus Störenfrieden wurde ein Ehepaar
In den Köpfen der Partygänger ist der Türsteher der Bösewicht. Er entscheidet, wer rein darf und wer nicht. «Ich werde deshalb häufig beschimpft. Einmal haben sich ein Mann und eine Frau gegen mich solidarisiert – und sich so ineinander verliebt», erzählt er schmunzelnd.
Die beiden Gäste seien direkt nacheinander aus dem Club geflogen. Draussen pöbelten sie den Türsteher an. Winzeler: «Reingelassen habe ich sie nicht mehr. Aber einige Woche später gingen sie Hand in Hand an mir vorbei in einen anderen Club. Heute sind sie sogar miteinander verheiratet.»
Nackte Brüste als Eintrittskarte
Das Schweizer Partyvolk lässt sich einiges einfallen, um sich bei exklusiven Veranstaltungen Zutritt zu verschaffen. Einige Frauen hätten ihm schon die Brüste gezeigt oder auch Oralsex angeboten. «Aber das zieht bei mir nicht», sagt Winzeler. Ein Dealer aus Südamerika bot ihm einmal mehrere Tausend Franken in bar an. Nur um dafür im Club Drogen verkaufen zu können.
Warum das Geld nicht nehmen? «Der Türsteher ist professionell. Wer sich auf Bestechung einlässt, verliert das Vertrauen und den Respekt der Gäste», antwortet Winzeler.
Einmal sei er aber schwach geworden. Bei einem Mann im Dirndl ohne Unterwäsche. «Ich dachte, wer so selbstbewusst im Kleidchen in den Ausgang geht, den muss ich reinlassen», so der Türsteher.
Über die Festtage sind die Gäste emotionaler
Am härtesten sei sein Job über die Festtage. Aus Erfahrung weiss er: «An Weihnachten und Neujahr sind die Gäste emotionaler als sonst.»
Kurz nach Mitternacht am 25. Dezember 2017 habe ihm ein Betrunkener zwei Liter Wasser über den Kopf geleert. Klatschnass musste er draussen ausharren. Bis zum Morgengrauen, dann ging er als Bruno nach Hause und feierte mit seinen Liebsten.
Für dieses Jahr hat Winzeler noch Hoffnung: «Vielleicht erlebe ich auch als Türsteher dieses Jahr mal besinnliche Weihnachten.»