Zwei Jahre bevor Gesundheitsminister Alain Berset ein 125 Nanometer kleines Virus bekämpfte, setzte er alle Hebel in Gang, um eine 30 Meter hohe Stahlkonstruktion der Swisscom abzuwehren. Das zeigte diese Woche eine Blick-Recherche. Berset und seine Familie fürchteten sich vor einer 4G- respektive 5G-Antenne und deren «schädlichen Auswirkungen auf Mensch und Tier». So 2018 formuliert in einer an ihre Wohngemeinde Belfaux FR gerichteten Einsprache.
Bersets Bundesamt für Gesundheit stuft elektromagnetische Wellen als unproblematisch ein. Seit dieser Woche treibt darum die ganze Schweiz die Frage um: Traut dessen oberster Chef den Beteuerungen seines eigenen Amtes nicht? Am Freitag gab Berset in der welschen Presse sein Dementi: Grund für die Einsprache seien nicht Gesundheitsbedenken, sondern der Denkmalschutz gewesen. Doch da haftete ihm das Schwurbler-Argument bereits an. Die «NZZ» setzte Berset, der des Öfteren einen Borsalino trägt, kurzerhand einen Aluhut auf: «Monsieur Bersets Aluhut».
Trotz aller Kritik und Häme: In Bersets Heimatdorf Belfaux mit seinen 3400 Einwohnern bleibt der Innenminister der grosse Strahlemann. «Wir wissen zu wenig über die Folgen der ausgehenden Strahlung», meint Steve Golliard, Co-Präsident des lokalen Fussballvereins, zu SonntagsBlick. Im Gegensatz zu Bundesrat Berset muss Golliard weiterhin mit einer 5G-Antenne neben seinem Spielfeld rechnen. Gemeinderat Vincent Schickel, der seit 2021 für das Bauwesen zuständig ist, sagt, er habe aus der Presse von der Einsprache Bersets erfahren. Das darin beschriebene Gesundheitsargument bezeichnet er konziliant als «überraschend».
Und auch der Pizzaiolo, der seine Gäste in unmittelbarer Nähe zu einer 5G-Antenne bewirtet, nimmt seinem prominenten Mitbürger die Ungleichbehandlung nicht weiter übel. «Immerhin hat Alain Berset bereits mehrfach hier gespeist», erzählt er.