Wegen eines Pilotenfehlers verloren im Sommer 2018 am Piz Segnas oberhalb von Flims GR 20 Menschen an Bord der «Tante Ju» ihr Leben. Mit ihren fatalen Fehleinschätzungen tragen die beiden Männer im Cockpit, Ruedi J.* (†62) und Peter M.* (†63), die Hauptschuld am tragischen Unglück (BLICK berichtete).
Der Unfall wurde auch durch eine katastrophale Betriebskultur innerhalb der Ju-Air begünstigt. Kaderpiloten der inzwischen zwangsgegroundeten Rundflug-Airline hielten laut Unfall-Untersuchungsbericht routinemässig Sicherheitsabstände und Vorschriften nicht ein.
Defizite innerhalb der Ju-Air wurden nicht erkannt
So stiess die Sicherheitsuntersuchungsstelle (Sust) bei der Detailuntersuchung von 36 Ju-Air-Flügen auf insgesamt 44 Situationen, in denen eine «hohe Unfallwahrscheinlichkeit» bestand, also Menschenleben riskiert wurden. Auch wurde festgestellt, dass die verunglückte Ju-52 wegen einer Vielzahl an Mängeln und miserabler Instandhaltung eigentlich gar nicht mehr flugtauglich war!
Jetzt gesteht das Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl) ein, die Hausaufgaben nicht gemacht zu haben. «Die Aufsicht des Bazl über die Ju-Air war ungenügend. Das ist leider so, weil wir die Defizite in der tatsächlich gelebten Sicherheitskultur nicht erkannt und uns zu sehr auf formelle Aspekte fokussiert haben», teilt Sprecher Christian Schubert auf Anfrage von BLICK mit.
Ausmass des Fehlverhaltens war für Bazl «unvorstellbar»
Die Aufsichtsbehörde will vom Treiben der Ju-Air-Piloten am Schweizer Himmel nichts gewusst haben. Sie schaute aber auch nicht genau hin. Pikant: In den zehn Jahren vor dem Crash war nur ein einziges Mal ein Bazl-Inspektor bei einem Ju-Air-Rundflug mit Passagieren an Bord.
Laut Sprecher Schubert war dem so, weil schlicht keine Hinweise eingegangen seien. «Für das Bazl war es zudem nicht vorstellbar, dass top-ausgebildete Piloten mit Erfahrung als Luftwaffen- und Linienpiloten zum Teil ein hochriskantes Verhalten an den Tag legten, um den Passagieren ein ‹Erlebnis› zu bieten.»
Externe Untersuchung geht Behördenversagen nach
Was Versäumnisse des Bazl betrifft, soll eine externe Untersuchung des Nationalen Luft- und Raumfahrtinstituts der Niederlande (NLR) Klarheit bringen und allfällige «blinde Flecken» aufdecken. Resultate sollen im Frühling vorliegen.
Die Behörde betont, dass die Mängel erst bei einer akribischen Untersuchung an sonst unzugänglichen Bereichen des Wracks festgestellt wurden. Ob es realistisch ist, dass die Ju-Air nächstes Jahr wieder abhebt, lässt das Bazl unkommentiert. Aber, so Sprecher Schubert: «In Zukunft wird mit Luftfahrzeugen der Kategorie «historisch» kein kommerzieller Flugbetrieb mehr möglich sein.»
* Name bekannt