Ein Trikot am Strassenrand, Blumen und ein Armband erinnern am Oberalppass an Roger Nachbur (†38). Der Schweizer Extrem-Radsportler kollidierte am Samstag bei Tujetsch GR frontal mit einem Tessiner Töfffahrer (34). Der Radfahrer hat keine Chance, stirbt noch auf der Unfallstelle. Nach ersten Erkenntnissen wohl vollkommen unverschuldet.
Nachbur nahm am Radrennen Tortour Ultra teil. Zwei Mal hat er den Jedermann-Wettkampf schon gewonnen. Die härtesten Fahrer absolvieren 1000 Kilometer am Stück. Kurz vor 12 Uhr mittags fährt Nachbur vom Hospiz talwärts in Richtung Sedrun GR. In einer übersichtlichen Kurve kommt es dann zum Frontalcrash mit dem Töff.
«Nach ersten Erkenntnissen fand die Kollision auf der Spur statt, die dem Radfahrer zustand», sagt Jürgen Rüegg, Sprecher der Kantonspolizei Graubünden. Nun klärt die Staatsanwaltschaft den genauen Hergang ab. Eine der Ersten an der Unfallstelle war Augenzeugin Susanne H.* (54). Zusammen mit ihrem Mann fuhr sie im Auto nur wenige Fahrzeuge hinter dem verunfallten Töfffahrer.
«Sein Gesicht sah friedlich aus»
Nach dem Sturz wollte sie helfen. «Ich brachte dem Opfer sofort eine Rettungsdecke», sagt die deutsche Touristin zu BLICK. «Andere Personen führten bis zum Eintreffen der Rega eine Herzdruckmassage durch.» Ohne Erfolg. «Ich glaube, der Radfahrer war sofort tot», so H., die immerhin ein Gedanke tröstet: «Sein Gesicht war unverletzt. Er sah friedlich aus.»
Die Zeugin ist sauer: «Kurz vor dem Unfall fiel uns eine Tessiner Töffgruppe mit etwa zehn Personen wegen ihrer aggressiven Fahrweise auf.» Sie doppelt nach: «Sie überholten in Kurven, liessen die Motoren aufheulen und drängten sich in den Sicherheitsabstand zwischen den Autos.» Sie sagte ihrem Mann noch, hoffentlich passiere da nichts. Nur wenige Sekunden später muss er plötzlich abbremsen. Es kommt zum Todescrash.
«Die Töfffahrer standen nach dem Unfall am Strassenrand», sagt sie. «Ich habe sie angeschrien. Doch sie zeigten keine Reaktion.» Aber da sei es eh schon zu spät gewesen. Sie hofft, dass der Unfall aufrüttelt und andere Passfahrer in Zukunft mehr Rücksicht nehmen.
Rennleitung zutiefst erschüttert
Nach dem Unfall wurde die Tortour abgebrochen. Die Rennleitung dazu: «Wir sind zutiefst erschüttert und traurig. Den Hinterbliebenen sprechen wir unser tief empfundenes Beileid aus und wünschen ihnen viel Kraft. Aus Respekt gegenüber dem Athleten und seinen Angehörigen haben wir entschieden, das Rennen sofort abzubrechen.»
Die Radfahrer haben Verständnis dafür. «Das ist sicher der richtige Entscheid», sagt Ex-Nati-Fussballstar Benjamin Huggel (43), der selbst teilnehmen wollte. Beim Abbruch war er gerade mit seinem Team auf dem Weg zum Start. «Es ist tragisch, dass so etwas bei einem Sportanlass passiert, auf den sich alle freuen.»
Huggel ist begeisterter Radfahrer. Er weiss, dass es auf der Strasse immer wieder zu brenzligen Situationen kommt, und kann mitfühlen. «Meine Gedanken sind heute bei den Angehörigen des verunglückten Fahrers.»
* Name geändert