Tom P. hat ein Rezept gegen Schlüsseldienst-Ganoven
«Schläge sind das Einzige, was die verstehen»

Schlüsseldienst-Banden verlangen bei Notfall-Einsätzen meist Wucherpreise: BLICK berichtete von mehreren Opfern. Tom P. (35) aus Lyss BE liess sich von den Betrügern nicht einschüchtern. Er vertrieb sie mit seinen Fäusten.
Publiziert: 23.01.2019 um 23:32 Uhr
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Aktualisiert: 24.01.2019 um 10:06 Uhr
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Tom P. (35) liess bei einem Betrugsversuch der Schlüsseldienst-Abzocker die Fäuste sprechen. Für 30 Minuten Arbeit wollten die Männer vom Schlüsseldienst 3300 Franken – sie ergriffen ohne Geld die Flucht.
Foto: Zvg
Céline Trachsel
Céline TrachselReporterin

Mitten in der Nacht steht Tom P.* (35) verzweifelt vor seiner Haustür in Bern. Den Schlüssel hat er nach einer Partynacht in der Wohnung eines Bekannten vergessen. Doch der ist nicht mehr erreichbar. Deshalb lässt er einen Schlüsseldienst kommen – und wird so fast zum Opfer einer Abzocker-Bande. Er wäre kein Einzelfall: Schweizweit gibt es diverse geprellte Kunden, die für die paar Handgriffe der Betrüger zwischen 1000 und 5300 Franken zahlen mussten.

Tom P. erinnert sich: «Ich suchte auf Google und rief die Nummer des ersten Treffers an. Dann fragte ich, wie viel es koste. Der Mann am anderen Ende sagte: 350 Franken.» Weil Tom P. ohnehin warten muss, geht er zum Bankomat und hebt das Geld schon mal ab.

3300 Franken für 30 Minuten Arbeit

«Sie kamen zu zweit und sprachen gebrochenes Deutsch. Während der eine am Schloss hantierte, deckte der andere die Sicht ab. Sie begannen zu diskutieren, dass es etwas schwieriger würde, und holten ein Gerät aus dem Auto», so P. 

Nach 30 Minuten Arbeit ist die Tür offen. Dafür verlangen die Männer 3300 Franken. Das Abzock-Opfer ist geschockt: «Ich dachte, ich hätte falsch gehört. Doch sie begannen zu diskutieren.»

Die happige Rechnung: 500 Franken Wegpauschale pro Person, ein Nachtzuschlag von 720 Franken, 1400 Franken für die eigentliche Arbeit – dazu noch 200 Franken fürs Material. «Ich akzeptierte nicht. Da drohten sie lautstark mit Polizei oder Betreibung.» Als Tom P. die 350 Franken auf die Kommode im Gang knallt und sich in die Wohnung zurückziehen will, packt ihn einer der Männer am Kragen. 

Mit blossen Fäusten vertrieben

«Ich habe keine Konfrontation gesucht», stellt P. klar. «Aber als sie mich angriffen, schlug ich zurück – und das nicht gerade sachte», gibt er unumwunden zu. «Ich war stärker als die beiden, am Schluss lagen sie am Boden.»

Die Abzocker flüchten und lassen sogar das Geld zurück. «Sie schrien noch, dass sie ja nun wissen, wo ich wohne», so Tom P. Dass die Lage so eskalierte, tut ihm heute fast etwas leid, aber: «Schläge sind wohl das Einzige, was sie verstehen.»

Seriöse Monteure leiden ebenfalls unter den Abzockern

Dass es zu Gewalt komme, sei keine Seltenheit, sagt der Geschäftsführer eines seriösen Luzerner Schlüsseldienstes, der seinen Namen aus Angst vor der Bande nicht nennen will. Er hat Kenntnis von zahlreichen vergleichbaren Fällen: «Sie kommen immer zu zweit. Dann schüchtern sie die Leute ein.» Der Schlüssel-Profi weiss: «Einmal hat ein Innerschweizer sie wieder weggeschickt, weil die Männer nicht im Voraus den Preis nennen wollten – da kassierte er eine Faust.» 

Der Luzerner warnt auch vor den Schäden an den Schlössern, die die Abzocker-Monteure hinterlassen. «Oft zahlten die Opfer mehrere Tausend Franken – und brauchen dann trotzdem noch Fachleute wie uns, die das Schloss reparieren.» Seriöse Schlüsseldienste öffnen eine Tür ohne Beschädigung – das koste in der Not rund 300 Franken. Daher immer dran denken: Wenn der Schlüssel weg ist, die Polizei anrufen. Die Beamten kennen und nennen die seriösen Dienste vor Ort. 

*Name geändert

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