Alles am Verschwinden von Enrico Maccari (55) ist höchst mysteriös. Heiligabend feiert der Chemiker am Luganersee. Die ganze Familie ist im italienischen Porlezza zusammengekommen: Mutter, Bruder, seine vier Kinder. Die Schwester reist extra aus den USA an. «Er war gut drauf», sagt Sohn Fabio Maccari (26) zu BLICK. Nichts habe auf irgendetwas Komisches hingedeutet. Enrico Maccari hatte auch allen Grund, glücklich zu sein.
Seit einigen Wochen war er Direktor eines Pharma-Unternehmens in Bellinzona TI, hatte eine hübsche Wohnung in Giubiasco TI bezogen. Und er war frisch verliebt. Nach der Trennung von seiner Frau lernte Enrico Maccari eine 47-jährige Französin kennen. Die gebürtige Kamerunerin lebt in Paris. Sie wollte ihren neuen Freund am 30. Dezember im Tessin treffen und mit ihm ins neue Jahr hineinfeiern. Die beiden hatten bereits einen zweiwöchigen Liebesurlaub auf den kapverdischen Inseln und waren gemeinsam Ski fahren.
Er war elegant gekleidet mit Gel im Haar
Am 25. Dezember 2017 verlässt Enrico Maccari die Familie in Porlezza. «Er war elegant gekleidet, mit Anzughose und schwarzen Lederschuhen. Er trug Gel im Haar», beschreibt ihn Sohn Fabio (26). Als habe er noch etwas vorgehabt. Ab dem Stephanstag ist der Chemiker wie vom Erdboden verschluckt. «Wir erreichten ihn nicht mehr. Seine zwei Handys waren ausgeschaltet», erzählt Fabio Maccari weiter.
Die Söhne fahren nach Giubiasco, um nach dem Vater zu schauen. Auch dort: Keine Spur des 1,73 m grossen Chemikers. Jetzt setzen die Söhne alle Hebel in Bewegung. Sie alarmieren die Kantonspolizei Tessin, die Polizei in Varese (I), heuern einen Privatdetektiv und einen Anwalt an. Schliesslich folgt der verzweifelte Appell an die Medien: «Bitte helft uns, unseren Vater zu finden.»
Auto des Vermissten dank Navi geortet
Die Suche beginnt. Dank des GPS im Navigationssystem wird am 29. Dezember der Mercedes des Vermissten geortet. Er steht mitten in Mailand am Viale Monza, Ecke Via Fratelli Pozzi, nahe dem Ortsteil Sesto San Giovanni. Im Dienstwagen finden die italienischen Beamten zwei Laptops, Medikamente, die Maccari täglich einnahm, ein paar persönliche Dinge. Die zwei Handys allerdings fehlen.
Die Söhne sind sehr besorgt. «Was machte unser Vater in Mailand?», fragt Fabio Maccari. Er habe in diesem Stadtteil weder Verwandte, Freunde noch Geschäftskontakte. «Er würde niemals ohne seine Tabletten abreisen.» Weder steht der Mercedes in der Nähe eines grossen Bahnhofs noch eines Flugplatzes. Selbst für einen Suizid scheint die Gegend ungeeignet. Kein Wald, keine Berge, kein grösseres Gewässer. Das Verschwinden des Chemikers bleibt ein Rätsel.