Diese Minuten kommen Bernardo R.* (22) teuer zu stehen. Am 26. September ist der Tessiner aus Biasca TI mit einem Lieferwagen auf der A2 unterwegs. Zwischen Zürich und Olten SO setzt er zum Überholen an. Auf der linken Spur fährt der Chauffeur dem voran fahrenden Auto auf gut sechs Meter auf. Sein Pech: Hinter ihm fährt ein Streifenwagen. Die Beamten sehen die die Drängelei gar nicht gern. Was Bernardo in diesem Augenblick nicht ahnt: Die Verkehrssünde wird sein Leben verändern.
R. ist nämlich aktenkundig. 2017 war der Tessiner schon einmal wegen Alkohol am Steuer zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Hätte er sich drei Jahre an die Verkehrsregeln gehalten, wäre er mit einem blauen Auge davon gekommen.
«Ich dachte, das Komma ist falsch gesetzt»
Als die Busse mit Einschreiben ins Haus flattert, muss sich der Autobahn-Drängler erst einmal die Augen reiben. 14'245 Franken fordern die Aargauer Behörden ein. «Ich dachte, da wurde das Komma falsch gesetzt», sagt Bernardo R. zu «Ticinonline». Doch die Summe stimmt.
Der Strafbefehl lautet auf 155 Tagessätze von 80 Franken. Nur: Der junge Chauffeur kann das Geld nicht aufbringen. Denn es kommt noch dicker: Im Januar 2020 muss Bernardo R. auch noch vorübergehend seinen Führerschein abgeben. Fatal für den Berufsfahrer. Der Tessiner verliert daraufhin seinen Job bei einem Logistik-Unternehmen im Sopraceneri, berichtet «Ticinonline».
«Die Strafe steht in keinem Verhältnis zur Schuld»
«Mit dem Arbeitslosengeld schaffe ich es grad bis zum Monatsende», klagt Bernardo R. und hat nun die Wahl: Entweder fünf Monate Knast oder Sozialarbeit, bis die Busse abbezahlt ist.
«Viele Staatsanwälte sind zu streng», findet Rossano Guggiari, Jurist bei der Tessiner Autofahrer und Biker-Vereinigung UAM. Besonders, wenn es um Berufsfahrer gehe, sollte der Fahrausweis nicht sofort entzogen werden. Die beruflichen Schäden stünden in keinem Verhältnis zur Schuld der Verkehrssünder.
* Name geändert