Es ist der 15. März 2019. Am Luganersee läuft die Vorsaison gerade an. Auch im Hotel Battello werden die Sonnenschirme, Tische und Stühle auf die Ufer-Terrasse gerückt. Jener Freitag scheint für das Zwei-Sterne-Garni ein Glückstag zu werden.
«An unserer Rezeption präsentierte sich ein Geschäftsmann aus Mailand», erinnert sich Gabor Borostyan (35). «Er buchte drei Zimmer, darunter unser schönstes mit Balkon und Seeblick für 170 Franken die Nacht.» Der Italiener Simone G.* (39) reist mit einem Business-Partner an. Auch seine 80-jährige, gehbehinderte Mutter steigt aus der Luxus-Limousine. Allein ihr Gepäck füllt einen Raum.
Viele der 30 Zimmer des Hotel-Garni Battello in Melide TI stehen noch leer. Da kommt ein gut betuchter Gast gerade recht, denkt sich der Hotelier. «Der Mann war immer am Telefon. Er erzählte, dass er Hotels kaufen und verkaufen wolle, sprach ständig von Millionengeschäften», sagt der Direktor. «Die ersten Wochen zahlte er pünktlich und in bar. Wir glaubten, er sei ein reicher Mann.» Was für ein Irrtum!
Ende Mai verschwindet der Zechpreller auf Nimmerwiedersehen
Zu Beginn habe er wohl auch noch Geld gehabt, vermutet Borostyan. Zumindest schleppt der Dauergast auch Callgirls ins Hotel. Nach vier Wochen macht Simone G.* (39) einen Vorschlag. «Er wollte uns die Zeche aufs Konto überweisen», erzählt Gabor Borostyan Ticinonews. Doch es kommt kein Geld mehr rein. Fast zwei Monate lang. «Immer wieder versicherte er uns, dass er vor einem wichtigen Vertragsabschluss stehe, dass bald neue Millionen flössen», sagt der Hoteldirektor.
Die Millionen kommen nicht, dafür verschwindet der Zechpreller Ende Mai auf Nimmerwiedersehen. 6000 Franken schuldet er dem Hotel Battello. Simone G.* (39) lässt seine Mutter und das Gepäck zurück. «Die alte Dame war ganz verwirrt, fragte immer nach ihrem Sohn. Sie hatte keinen Rappen und rauchte Kette. Wir haben sie mit durchgefüttert und ihr sogar Zigaretten besorgt», erzählt der Hoteldirektor dem BLICK. Borostyan vermutet, dass der Sohn die Wohnung der Mutter in Mailand aufgelöst hatte. «Die alte Dame jedenfalls schien kein Zuhause mehr zu haben, sie hatte ihr Hab und Gut mitgebracht, darunter auch einen Nerzmantel. Es war, als habe uns der Hochstapler seine Mutter als Pfand dagelassen», erzählt der Tessiner weiter.
Der Stapel Geldscheine ist nur 40 Franken wert
Im Schrank des Hotelzimmers findet Gabor Borostyan einen Stapel Geldscheine. Doch auch diesmal trügt der Schein. «Es waren 800'000 verfallene weissrussische Rubel.» Der Tessiner Hotelbesitzer recherchiert: «Sie sind keine 40 Franken wert.»
Die Hotelier-Familie erstattet Anzeige. Die Polizei will die Mutter abholen. Der Hoteldirektor zeigt Herz. Wieder einmal. «Die alte Dame war so verzweifelt, da habe ich ihr ein Ticket gekauft, sie in den Zug nach Mailand gesetzt und ihrem Sohn über Whatsapp die Ankunftszeit geschrieben. Ich hoffe, er hat sie abgeholt.»
In der Luxus-Suite schlafen, teures Abendessen geniessen, Mini-Bar leeren: «Wenn Zechpreller zuschlagen, dann in 9 von 10 Fällen im grossen Stil», sagt Patrick Schönberger, Sprecher des Branchenverbandes Hotelleriesuisse.
Für Hotels entsteht so ein hoher Schaden, der im Nachhinein kaum geahndet werden kann. Kein Wunder: Zechpreller operieren mit falschem Namen und getürkten Dokumenten. Im Kanton Zürich gibt es laut Zahlen der Kantonspolizei jährlich zwischen 60 und 90 Anzeigen wegen Zechprellerei – die Dunkelziffer dürfte beträchtlich höher sein.
«Wir stellen zudem fest, dass die Zahl der Fälle von Zechprellerei eher steigt», sagt Schönberger weiter. Statistiken dazu gebe es jedoch keine. «Das ist ein Thema, das Hoteliers sehr diskret behandeln.»
Auch Gastrosuisse berichtet von einer Zunahme. Immer wieder Opfer von Zechprellerei sind auch Restaurants. Häufig wegen eines hartnäckigen Mythos: So glauben einzelne Gäste heute immer noch, dass man ein Restaurant, ohne zu bezahlen, verlassen dürfe, wenn man dreimal erfolglos versucht hat, die Rechnung zu bekommen.
In der Luxus-Suite schlafen, teures Abendessen geniessen, Mini-Bar leeren: «Wenn Zechpreller zuschlagen, dann in 9 von 10 Fällen im grossen Stil», sagt Patrick Schönberger, Sprecher des Branchenverbandes Hotelleriesuisse.
Für Hotels entsteht so ein hoher Schaden, der im Nachhinein kaum geahndet werden kann. Kein Wunder: Zechpreller operieren mit falschem Namen und getürkten Dokumenten. Im Kanton Zürich gibt es laut Zahlen der Kantonspolizei jährlich zwischen 60 und 90 Anzeigen wegen Zechprellerei – die Dunkelziffer dürfte beträchtlich höher sein.
«Wir stellen zudem fest, dass die Zahl der Fälle von Zechprellerei eher steigt», sagt Schönberger weiter. Statistiken dazu gebe es jedoch keine. «Das ist ein Thema, das Hoteliers sehr diskret behandeln.»
Auch Gastrosuisse berichtet von einer Zunahme. Immer wieder Opfer von Zechprellerei sind auch Restaurants. Häufig wegen eines hartnäckigen Mythos: So glauben einzelne Gäste heute immer noch, dass man ein Restaurant, ohne zu bezahlen, verlassen dürfe, wenn man dreimal erfolglos versucht hat, die Rechnung zu bekommen.