Zwei Jahre nach dem grössten Schrecken, den die kantonale Handelsschule in Bellinzona TI je erlebt hat, beginnt der Prozess gegen einen ihrer früheren Schüler. Federico R.* (21) soll für den 15. Mai 2018 einen Amoklauf in seiner Schule geplant haben. Er habe mit Gewehren und Pistolen bewaffnet die Räume der dritten Klassen stürmen und so viele Mitschüler und Lehrer erschiessen wollen (BLICK berichtete).
Ab heute steht Federico R. in Lugano TI vor Gericht. Der Vorwurf: mehrfacher versuchter Mord. Der Angeklagte beteuert bis heute seine Unschuld. Für die Staatsanwaltschaft steht fest: Federico R. wollte an jenem Dienstag, den 15. Mai 2018, möglichst viele Mitschüler und Lehrer töten. Er fordert fünf Jahre Gefängnis. Drei Tage lang lässt das Gericht die Geschehnisse im Frühsommer 2018 Revue passieren.
Am Dienstagabend, den 8. Mai 2018, erhalten drei Schüler einer dritten Klasse beunruhigende Messages von Mitschüler Federico R. (21). Sie sollen nicht zur Prüfung am 15. Mai erscheinen, schreibt ihr Freund auf Snapchat. Es könnte ihnen sonst etwas Schlimmes passieren. Sie melden am Tag darauf Federicos verdächtige Warnung den Lehrern. Die Schuldirektion alarmiert die Polizei – und kann ein mögliches Blutbad verhindern.
Der Schüler ist verwirrt, als die Polizei ihn abholt
Am Donnerstag, den 10. Mai 2018 wird Federico R. verhaftet. Er ist verwirrt, als die Handschellen klicken. Der Junge wird daher in die psychiatrische Klinik nach Mendrisio TI gebracht. In seinem Zimmer finden die Beamten 17 Schusswaffen, darunter eine Kalaschnikow, und jede Menge Munition.
Federico R. beteuert, er habe nie einen Amoklauf durchführen und nie jemanden weh tun wollen. Wie gefährlich war der Schüler tatsächlich? Das muss nun das Gericht in Lugano klären.
Er plante den Amoklauf, weil er sich selber hasste
Ein psychiatrisches Gutachten hält Federico R. für vermindert zurechnungsfähig. Er habe sich selbst zutiefst gehasst, so die Einschätzung der Expertin. Da das Gutachten bereits 2018 erstellt wurde, gab das Gericht nun ein neues in Auftrag.
Einen Grund zur Rache hatte Federico R. damals offenbar nicht. Der Tessiner sei ein guter Schüler gewesen, habe weder Probleme mit seinen Mitschülern noch mit den Lehrern gehabt, bestätigt der Direktor der kantonalen Handelsschule. «Der Schock war gross damals. So etwas hatte es an der Schule in den 120 Jahren ihres Bestehens noch nie gegeben», sagt Adriano Agustoni. «Jetzt mit dem Prozess kommt vieles wieder hoch». Man habe bei den Schülern immer auf Vertrauen gesetzt. Das habe im Mai 2018 möglicherweise Schlimmeres verhindert.
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