Pädophilen-Jäger von Lugano
Jugendliche locken Erwachsene in demütigende Fallen

Ein 13-Jähriger führte eine Gruppe Jugendlicher in Lugano an, um Erwachsene auf Dating-Plattformen zu überführen und zu misshandeln. Der Fall wird nun vom Jugendgericht untersucht.
Publiziert: 08.10.2024 um 16:50 Uhr
|
Aktualisiert: 09.10.2024 um 16:13 Uhr
Auf Datingplattformen wie Tinder nahmen die Jugendlichen Kontakt zu Erwachsenen auf. (Symbolbild)
Foto: keystone-sda.ch

Auf einen Blick

  • Jugendliche locken Erwachsene in Falle und misshandeln sie
  • Der Drahtzieher war ein 13-jähriger Junge
  • 18 Minderjährige und ein 18-Jähriger wurden festgenommen
  • Die Verabredungen fanden in Wohnungen und Parks statt
  • Ein 49-jähriger Italiener wurde zu zehn Monaten verurteilt
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
Christina_Benz_Praktikantin News–Desk_Blick_1-Bearbeitet.jpg
Christina BenzPraktikantin News

Es klingt wie der Plot des neusten Krimidramas, doch ist in Lugano Realität: Eine Gruppe Jugendlicher schloss sich zusammen, um Erwachsene zu überführen, die auf Dating-Plattformen mit Minderjährigen chatten. Anfang Oktober nahm die Tessiner Kantonspolizei 18 Minderjährige im Alter zwischen 14 und 17 Jahren fest. Weiter wurde ein 18-Jähriger festgenommen. Drahtzieher war ein zum Tatzeitpunkt 13-jähriger Junge.

Wie RSI berichtet, hat der 13-Jährige über Dating-Plattformen wie Tinder Erwachsene identifiziert, die Sex mit Minderjährigen haben wollten und deshalb «hingerichtet» werden sollten. Die Unterhaltungen führte er schliesslich auf Whatsapp oder Instagram fort, arrangierte ein Treffen und lockte sie so in eine Falle.

Erwachsene sollen sich ausziehen – dann kommen die Schläger

Die Verabredungen fanden in Wohnungen oder in verschiedenen Parks in Lugano statt. Der Drahtzieher verwendete ein minderjähriges Mädchen oder Jungen als Köder, die die Pädophilen begrüssen. Wenn möglich, sollten sie den Erwachsenen dazu bringen, sich auszuziehen. Danach erschien die Schlägertruppe auf der Bildfläche, die der Drahtzieher über eine Umfrage rekrutierte.

Die ertappten Personen mussten laut RSI schwere Demütigungen erleiden: Neben den Tritten und Schlägen wurde auf die Person uriniert, gespuckt oder ihre Haare abrasiert. Die Aktionen wurden gefilmt und teils mit Drittpersonen geteilt. Die Gruppe dachte offenbar auch darüber nach, die Taten in den sozialen Medien live zu übertragen. Dieser Plan wurde jedoch verworfen, da man dann auf Gewalt hätte verzichten müssen, schreibt RSI

Der Fall wird aktuell vom Jugendgericht untersucht. Den Jugendlichen werden unterschiedliche Straftaten vorgeworfen, zu denen schwere Körperverletzung, Körperverletzung, Nötigung, Raub, Entführung und Erpressung gehören. Aber auch gegen die erwachsenen Personen wurden Strafverfahren eingeleitet.

Erster Erwachsene verurteilt

So kam es am 3. Oktober zu einer Verurteilung gegen einen 49-jährigen Italiener, der von der Gruppe in einem Park im Quartier Besso verprügelt wurde, wie «Corriere del Ticino» berichtet. Er hatte sich nach eigenen Angaben in der Dating-App angemeldet, um seinen «Seelenverwandten» zu treffen – verliebte sich dann aber in einen minderjährigen Buben. «Er sagte mir, er sei vierzehn Jahre alt, und von diesem Moment an begann ich, Fehler zu machen. Ich kann nicht erklären, warum ich weitergemacht habe, ich war dumm und es war falsch, überhaupt in die Schweiz zu kommen», gesteht der 49-Jährige vor Gericht.

Die Verteidigung argumentiert, dass es sich um einen mittelschweren Sachverhalt handele und es sei nie zu einer körperlichen Annäherung gekommen. Sein Mandant hatte «das unglückliche Schicksal, auf junge Burschen zu treffen, die die Gerechtigkeit in die eigenen Hände nehmen wollten», so der Anwalt. Bei dem schweren Überfall habe der Angeklagte Kopfverletzungen erlitten.

Das Gericht verurteilt den Italiener zu einer bedingten Freiheitsstrafe von zehn Monaten mit einer zweijährigen Bewährung. Hinzu kommt ein Landesverweis von fünf Jahren.

Fehler gefunden? Jetzt melden