Neuer Grenz-Zoff wegen Sackgebühr
Tessiner Güsel-Grüsel laden ihren Dreck in Italien ab

Seit Januar 2020 erhebt auch Lugano TI eine Sackgebühr. Seitdem nimmt der Abfall-Tourismus ins italienische Grenzgebiet zu – zum Ärger der dortigen Bürgermeister.
Publiziert: 24.01.2020 um 15:06 Uhr
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Aktualisiert: 24.01.2020 um 23:29 Uhr
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Einfach ärgerlich: Wilde Mülldeponien am Strassenrand in Italien, auf denen auch immer wieder schwarze Kehrichtsäcke aus der Schweiz zu finden sind.
Foto: zVg
Myrte Müller

Die Schweizer sind alle sauber und diszipliniert? Von wegen. In der italienischen Grenzgemeinde Cremenaga (I) ist der Ärger gross. «Immer mehr Fahrzeuge mit Tessiner Kennzeichen karren schwarze Kehrichtsäcke auf unsere Seite», sagt Bürgermeister Domenico Rigazzi (62) zum BLICK. «Sie schmeissen ihren Schweizer Abfall einfach an den Strassenrand oder deponieren ihn auf unseren Parkplätzen.»

In den letzten Wochen nahm der Abfall-Tourismus ins Grenzgebiet zu. Grund: In Lugano TI gilt seit Monatsanfang die Sackgebühr. Um die fälligen 1.10 Franken pro Tüte zu sparen, wird der Hausmüll von so manchem Schlaumeier über die offene Grenze geschafft und heimlich auf italienischem Boden entsorgt.

Es seien nicht nur einzelne Dosen oder Kippen, die aus heruntergekurbelten Autoscheiben fliegen, «gleich hinter dem Grenzübergang werden vollgestopfte, schwarze 110-Liter-Kehrichtsäcke made in Switzerland abgeladen», klagt der Bürgermeister.

Müllsäcke werden durchwühlt

Jede Woche schickt der Bürgermeister nun seine Gemeindearbeiter los, um nach dem Schmuggelmüll aus der Schweiz Ausschau zu halten. «Allein in diesem Monat haben wir schon über zehn Säcke sichergestellt», sagt Rigazzi. Eine Schande sei dies. «Diese Schweizer sind doch Flegel. Sie verunstalten unsere schöne Landschaft. Das lassen wir uns nicht länger gefallen!»

Fortan werden aufgesammelte Säcke geöffnet. «Wir durchsuchen den Inhalt und wenn wir etwas finden, das uns zum Täter führt, wird dieser angezeigt», sagt Domenico Rigazzi. Vor einigen Tagen fanden die Gemeindearbeiter in einem der Säcke einen Brief mit Anschrift, der den Abfall-Sünder entlarvte. «Der Mann wohnt in Lugano», erzählt Rigazzi. Der Name wurde an die Polizei in Ponte Tresa (I) weiter- und ein Strafverfahren eingeleitet.

Bis zu 3000 Euro Busse

Wer erwischt wird, muss zahlen. «Die Bussen rangieren zwischen 300 und 3000 Euro», erklärt der Bürgermeister von Cremenaga. Rigazzi kennt kein Pardon mehr. «Wir werden an verschiedenen Stellen, wo gerne illegal Abfall abgestellt wird, Foto-Fallen aufstellen. Die nehmen dann die Kennzeichen der Fahrzeuge auf. Ihre Besitzer werden ermittelt und bestraft.»

Der Abfall-Tourismus von der Schweiz ins Grenzgebiet ist nicht neu. Immer wieder wurden auch schon in der Vergangenheit Schweizer beim Müll-Schmuggeln erwischt. So auch im Juni 2018 in Valceresio (I). Dort hatte ein Tessiner Arzt seinen Müll nahe einer Deponie abgestellt. Dummerweise steckte das ausrangierte Namensschild seiner ehemaligen Praxis im Sack. «Doktor Abfall», wie der Schweizer fortan in den lokalen Medien genannt wurde, musste 600 Euro Busse zahlen.

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