Nazi-Hass im Hockey-Stadion
Lugano-Fans schocken mit Anne-Frank-Graffiti

Im Stadion in Lugano haben Fans das WC mit antisemitischen Schmierereien verunstaltet. Jean-Jacques Aeschlimann (50), Geschäftsführer des HC Lugano, sieht die Schuld nicht unbedingt bei den eigenen Ultras.
Publiziert: 29.12.2017 um 18:13 Uhr
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Aktualisiert: 13.09.2018 um 00:05 Uhr
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Rechtsextremes Graffiti gegen den HC Ambri-Piotta im Eis-Stadion Resega von Lugano.
Foto: zVg
Myrte Müller

Schmierereien an den WC-Wänden kommen in der Resega, der Eishalle von Lugano TI, immer mal wieder vor. Doch das neue, schwarz-gezackte Graffiti in den Herren-Toiletten der Curva Nord schockt alle. Es sind zwei Graffiti, die den Namen einer berühmten Jüdin missbrauchen: Holocaust-Opfer Anne Frank, die mit nur 15 Jahren im KZ starb und ihre letzten Lebensjahre in einem Tagebuch festhielt.

«Anne Frank ist Ambri-Fan», heisst es auf einer Wand. «Anne Frank ist gleich Ambri» steht gleich daneben. Höchstwahrscheinlich hingekritzelt von einem Neonazi und Fan des HC Lugano. Denn schon der Name «Anne Frank» soll die gegnerischen Fans zutiefst beleidigen.

Anne Frank tauchte erst kürzlich bei Fans auf – genauer bei den Ultras des Fussballvereins Lazio Rom. Anfang Oktober wird die Curva Sud des Stadio Olimpico in Rom mit Aufklebern zugepflastert. Sie zeigen eine Fotomontage von Anne Frank im Trikot des Stadtrivalen, der AS Roma. Viele Lazio-Ultras gehören der rechten Szene an. Auch hier: Die Darstellung der Jüdin soll provozieren. 

Jüdischer Dachverband verurteilt Graffiti

Die Anne-Frank-Bilder lösen eine Welle der Empörung aus. Nicht nur in Italien, sondern auch ausserhalb. «Der Klub sollte klar Stellung beziehen. Dass die Agitation, die schon in Italien für grosse Empörung sorgte, nun auch die Schweiz erreicht, beunruhigt uns», sagt Jonathan Kreutner (39), Generalsekretär des Dachverbandes jüdischer Gemeinden in der Schweiz.

Weniger alarmiert scheint Jean-Jacques Aeschlimann (50). «Natürlich distanziert sich der Verein davon, wie wir uns grundsätzlich von jeder Art von politischer Stimmung distanzieren», sagt der Geschäftsführer des HC Lugano. «Doch bislang ist noch nicht bewiesen, dass die Zeilen von einem unserer Ultras geschrieben wurden.»

Denn, so der Hockey-Chef, das Resega-Stadion sei nicht nur für das Eishockey da, sondern zugänglich für jedermann. «Tatsächlich sind die Botschaften nach dem Konzert von Biagio Antonacci in der Resega am 19. Dezember entdeckt worden.» 

Luganos Ultras haben Schriften übermalt

Es seien Ultras aus Lugano gewesen, betont Aeschlimann, die die antisemitischen Kritzeleien sofort übermalt hätten. Zudem seien sonst keine ähnlichen Botschaften aufgetaucht. «Eine Woche nach dem Vorfall sind dann Bilder der Graffiti auf Facebook erschienen», sagt Aeschlimann weiter.

«Da gibt es nichts schönzureden», warnt hingegen Jonathan Kreutner. «Man muss dem Gedankengut entgegentreten, bevor es die Fankurve erreicht. Selbst in der Schweiz braucht es offenbar noch Aufklärung im Bezug auf Antisemitismus. Wir helfen den Clubs, auch in italienischer Sprache, kommen gern vorbei, um mit den Fans zu sprechen.»

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