Lehrer Soldini über seinen ehemaligen Schüler Cirillo:
«Ich wusste, aus Roberto wird noch was»

Der neue Post-Konzernchef Roberto Cirillo besuchte in Novazzano die Primarschule – SonntagsBlick traf seinen damaligen Lehrer.
Publiziert: 25.11.2018 um 13:14 Uhr
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Aktualisiert: 25.11.2018 um 13:29 Uhr
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Cirillos Lehrer Luigi Soldini zeigt stolz das Klassenfoto des Jahrgangs 1981/82.
Foto: Yvonne Vitali
Cyrill Pinto
Cyrill PintoReporter SonntagsBlick

Der Junge mit dem blauen Hemd fällt dem Betrachter sofort auf: Ganz aufrecht hockt er da in der Mitte des Fotos, ernst und entschlossen blickt er in die Kamera.

Als seine Klasse im September 1981 vor dem Schulhaus in ­Novazzano TI fotografiert wurde, war Einwanderersohn Roberto Cirillo (47) erst zehn Jahre alt. Klassenlehrer Luigi Soldini (89) steht im weissen Kittel neben seinen Schülern. Er kann sich noch gut an den «bravo ragazzo» erinnern: «Roberto war ein ­guter Schüler, hatte immer ­seine Aufgaben gemacht, war an allem interessiert. Ich wusste: Aus ihm wird noch was.»

Und tatsächlich: Heute ist Cirillo, der bei Soldini zwischen 1981 und 1983 die 4. und 5. Klasse ­besuchte, in der ganzen Schweiz ein Begriff. Am Donnerstag gab Post-Verwaltungsratspräsident Urs Schwaller bekannt, dass ­Cirillo ab April die Post führen wird. Dann wird der Sohn eines Spenglers und einer Lehrerin aus Neapel den Bundeskonzern mit 42'000 Mitarbeitern und einem Umsatz von knapp acht Milliarden Franken leiten. Dem pensionierten Lehrer Soldini macht das Freude – und er ist auch etwas «fiero», stolz, wie er sagt.

«Er war ein ruhiger Typ, der viel gelesen hat»

Ein früherer Klassenkamerad erinnert sich an den neuen Postchef, der damals mit seiner ­Familie in einem schlichten Wohnblock in Novazzano wohnte: «Er gehörte zu der Gruppe von Schülern, von denen man schon damals wusste, dass sie es weit bringen würden.» Fünf Schüler hätten sich gegenseitig angespornt. Einer wurde Anwalt, der andere arbeitet als Journalist beim Tessiner Fern­sehen. «Roberto war ein ruhiger Typ, der viel gelesen hat.»

Novazzano zählt nur 2400 Einwohner. Das Dorf liegt auf ­einer Anhöhe oberhalb von ­Chiasso TI und grenzt direkt an ­Italien. Am Dorfeingang, gleich gegenüber dem Friedhof, steht die Postfiliale von Novazzano. An diesem Samstagmorgen wird wird sie rege genutzt: An den zwei Schaltern stehen Leute, sie geben Pakete ab, holen Briefe, tätigen Einzahlungen.

«Das Tessin erhält damit wieder mehr Gewicht»

Egidio Clericetti (57) leitet die Filiale. «Wir sind sehr glücklich, dass ein Tessiner nun neuer Postchef wird», sagt er. Auch seine Kollegin Manuela Maira-Brazzola (54) findet die Wahl von Cirillo gut: «Der Kanton Tessin erhält damit wieder etwas mehr Gewicht gegenüber dem Rest der Schweiz.»

Im Ristorante Vigniabella wird der neuste Dorfklatsch von Novazzano weitergereicht. Thema heute: Wer kennt den neuen Postchef? Nur wenige können sich noch an den Jungen mit 
den pechschwarzen Haaren erinnern: Er kam mit seiner Familie aus Zürich nach Novazzano, besuchte hier die Primarschule und später die Oberstufe in ­Chiasso.

Später ging er ans Gymna
sium in Mendrisio, bevor er vor über 20 Jahren das Tessin für sein Maschinenbaustudium an der ETH Zürich verliess. Eine Managementausbildung in den USA und Chefposten bei Unternehmen in Frankreich und England brachten ihn schliesslich zum Topjob bei der Post. In ­Novazzano wusste man schon immer: Aus ihm wird mal was.

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