Keine einzige Muslima bestraft
Burka-Verbot trifft Hooligans

Dem SonntagsBlick liegt erstmals eine genaue Auswertung zum Verhüllungs-Verbot im Tessin vor. Demnach richten sich zehn von elf Verfahren im Jahr 2018 gegen Fussball- und Eishockeyfans.
Publiziert: 17.06.2018 um 11:02 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2018 um 16:57 Uhr
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Zehn von elf Verhüllungs-Verfahren des Jahres 2018 richten sich gegen Fussball- und Eishockeyfans.
Foto: Keystone
Fabian Eberhard

Das Tessin ist so etwas wie ein Versuchslabor für die Schweiz. Als erster Kanton führte der Südkanton vor zwei Jahren ein Verhüllungsverbot für den öffentlichen Raum ein. Musliminnen, die ihr Gesicht verschleiern, droht eine Busse von bis zu 10'000 Franken.

Was im Tessin bereits Gesetz ist, könnte bald für das ganze Land gelten. Voraussichtlich 2019 stimmt das Volk über die Burka-Initiative ab. Sie fordert ein nationales Verhüllungsverbot.

Elf Verfahren in vier Monaten

Bisher war unklar, in welchen Fällen die Tessiner Polizei bisher eingeschritten ist. Bekannt ist nur, dass pro Jahr knapp zwei Dutzend Verfahren eingeleitet wurden. Nun liegen erstmals genaue Zahlen vor. Seit Anfang 2018 führt das Tessiner Justizdepartement eine detaillierte Statistik über die Vorfälle. Demnach wurden in den ersten vier Monaten des Jahres insgesamt elf Verfahren eröffnet, die sich auf das Verhüllungsverbot beziehen.

Nur: In keinem einzigen Fall war eine Muslima involviert. Laut einem Sprecher der Tessiner Justizdirektion richten sich zehn der Verfahren gegen vermummte Fussball- und Eishockeyfans. In einem Fall verhaftete die Polizei einen verkleideten Mann – er wollte in einem Kostüm der Comicfigur «Deadpool» eine Film­premiere in Lugano besuchen.

«Es geht ums Prinzip»

Haben die Kritiker des Verbotes also recht, wenn sie sagen, das Gesetz sei reine Symbolpolitik? Überhaupt nicht, findet Norman Gobbi, Chef des Departements für Inneres, Justiz und Polizei. Der Tessiner Lega-Politiker: «Uns war immer klar, dass es nicht um die Menge der Verstösse, sondern eher um ein Prinzip geht.»

Das Gesetz sorge für eine höhere Sicherheit und verteidige die Werte «unserer Kultur». Und – noch wichtiger: «Wir haben damit den Willen des Volkes umgesetzt.» Gobbi betont, dass 2016 und 2017 mehrere Strafverfahren eröffnet worden seien, die Frauen im Nikab betrafen.

Vor allem kurz nach Einführung des Burka-Gesetzes wurden tatsächlich mehrere Verstösse dagegen bekannt. Der Grossteil ging allerdings auf Schweizerinnen zurück, die zum Islam konvertiert und ins Tessin gekommen waren, um bewusst zu provozieren.

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