Deutschweizer blicken neidisch auf die Südschweiz
Beim Boostern geben die Tessiner den Takt an

Weil viele Kantone die nationale Impfwoche abwarten wollten, kommt der Corona-Booster nur schleppend aus den Startlöchern. Nur das Tessin gibt bereits jetzt Vollgas.
Publiziert: 12.11.2021 um 01:01 Uhr
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Aktualisiert: 12.11.2021 um 06:35 Uhr
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Macht vorwärts: Der Tessiner Kantonsapotheker Giovan Maria Zanini (61) kann die Corona-Auffrischungsimpfung in Altersheimen bereits diese Woche abschliessen.
Foto: Ti-Press
Marco Latzer und Myrte Müller

Die Sonnenstube macht vorwärts. Während die restliche Schweiz das Ende der nationalen Impfwoche abwarten möchte, rücken im Tessin seit dieser Woche mobile Equipen zum Boostern in Altersheime aus.

Die nationale Vorreiterrolle ist kein Zufall. «Wir haben am Montag mit den Booster-Impfungen in den Altenpflegeheimen begonnen. Bis am Freitagabend werden wir alle Altersheime besucht und 4068 Impfdosen gespritzt haben», sagt der Tessiner Kantonsapotheker Giovan Maria Zanini (61) zu Blick.

Damit seien nun 95 Prozent aller Heimbewohner zum dritten Mal geimpft – und während den kritischen Wintermonaten bestmöglich vor dem Virus geschützt.

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Der Ansturm der Tessiner Senioren auf die vor zwei Wochen für die Über-65-Jährigen zugelassenen Auffrischungsimpfungen kommt nicht von ungefähr. Im Frühjahr 2020 war das Corona-Elend in norditalienischen Städten wie Bergamo in der Südschweiz besonders nah. «Viele haben Zimmernachbarn und Freunde verloren oder die Leiden der Corona-Patienten mitansehen müssen», erklärt Zanini.

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Tessin ist der Schweizer Musterschüler

68 Prozent der Tessiner sind mindestens doppelt geimpft. Damit belegen sie zusammen mit dem Kanton Basel-Stadt den ersten Platz in der nationalen Impfrangliste, während es Schlusslicht Appenzell Innerrhoden es gerade einmal auf 54 Prozent bringt.

Dazu kommt der zurzeit tiefste Sieben-Tages-Inzidenzwert (90,6) des ganzen Landes. In Obwalden (606,2) steckten sich im gleichen Zeitraum fast siebenmal mehr Personen an. Damit sie weiterhin als Corona-Musterschüler gelten, haben sich die Tessiner hohe Ziele gesteckt.

Während die Restschweizer am Montag überhaupt erst grossflächig damit beginnen, Altersheime für Auffrischungsimpfungen zu besuchen, kann das Tessin den Booster dann schon für Senioren ausserhalb freigeben. 7500 Rentner haben sich schon angemeldet.

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Impfequipen werden sehnlichst erwartet

Anderswo ist das noch Zukunftsmusik. Daniel Gysin (51), Leiter des Altersheims Ruhesitz in Beringen SH, muss noch bis Wochenbeginn auf das Eintreffen der Impfcrews warten. Auch bei ihm ist das Interesse am Booster gross.

«Die bereits geimpften Bewohnerinnen und Bewohner konnten sich auf einer Liste für die Booster-Impfung eintragen. Bei einer Person haben sich Angehörige gegen die Impfung ausgesprochen, hier steht eine Entscheidung noch aus», sagt Gysin. Auch Personen von ausserhalb des Altersheims hätten telefonisch angefragt, ob sie sich für den Booster anmelden können.

Die Bedrohung ist spürbar: In der nahen Stadt Schaffhausen sind im Alterszentrum Emmersberg binnen weniger Tage fünf Heimbewohner am Virus verstorben. Fälle wie diese werfen die Frage auf, ob der Booster nicht zu spät kommt. Denn in unseren Nachbarländern wird teils schon seit Anfang Oktober aufgefrischt.

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Heimleiter hütet sich vor Kritik an den Behörden

Doch gerade die Schweizer Behörden liessen sich für die Zulassung deutlich mehr Zeit. Heimleiter Gysin zeigt sich diplomatisch: «Ich kann es nicht einschätzen und will mir nicht anmassen, es besser entscheiden zu können als die Experten beim BAG oder bei Swissmedic.» Im Nachhinein sei man immer klüger.

Besser etwas später als gar nicht erhalten die 87 Bewohner seines Altersheims nun immerhin am Montag ihren Booster. Gerade für die älteren Generationen ist der dritte Piks wohl das effektivste Schutzmittel im Kampf gegen das Virus. «Corona bleibt für uns ein Schreckgespenst, das es gemeinsam zu besiegen gilt», so Daniel Gysin, der in seinem Heim bislang vier Corona-Tote zu verzeichnen hatte.

«Die Booster-Impfung und eine hohe Durchimpfungsrate beim Personal kann uns dabei helfen. Daher bin ich glücklich, dass sie uns bald zur Verfügung steht», so der Heimleiter.

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