Ausnahmsweise strahlt er heute: Der riesige Murano-Leuchter erhellt für unseren Besuch die verlassene Halle und Korridore. Wie in vergangenen Tagen, als hier noch Filmstars und Hotelgäste ein- und ausgingen und gefeiert wurde, bis der 800-Kilo-Leuchter zu beben drohte. Das Grand Hotel in Locarno – einst Epizentrum des Filmfestivals – wurde 2006 geschlossen und steht seither leer.
Partys wurden hier zur grossen Enttäuschung der Festivalgäste auch zum 70-Jahr-Jubiläum keine gefeiert. «Das ist wegen der Versicherung nicht möglich», erklärt Giancarlo Cotti (60), Direktor der Immobilien Firma Assofide SA und einer der fünf Besitzer, die das Hotel 1985 kauften.
Auf dem 2,5 Millionen Franken teuren Leuchter liegt Staub, die kunstvollen Stuckaturen und die Decken- und Wandmalereien bröckeln, die imposante Aussentreppe und der Swimmingpool sind von Grün überwuchert – das ehemals glamouröse Gebäude verfällt zusehends. Unaufhaltsam. Auch wenn Cotti betont: «Das wollen wir natürlich nicht. Wir investieren jedes Jahr an die 100’000 Franken für Versicherung, Heizung, Sicherheit und unseren Abwart.»
Verliebt in die alte Dame
Felix Smolnik (48) ist fast täglich hier, er passt auf das Gemäuer auf wie ein guter Schlossgeist: «Ich bin verliebt in die alte Dame.» Genau wie Cotti hofft er, dass hier eines Tages wieder Gäste ein- und ausgehen. Ein ausgearbeitetes Bauprojekt liegt in der Schublade – es fehlt nur noch der Käufer. «23 Millionen kostet das Hotel», so Cotti, ein Cousin des ehemaligen CVP-Bundesrats Flavio Cotti (77).
Das Problem ist, dass der Kauf weitere Investitionen nach sich zieht, mindestens 60, wohl eher 100 Millionen. Wer ein Hotelprojekt realisieren will, muss laut Denkmalschutz Fassade, Korridore, Treppen und die Salons erhalten.
Cotti wünscht sich für die alte Hotel-Dame einen wahrhaftigen Liebhaber – jemanden, der möglichst nichts an ihrem Charme ändert. Konkret gebe es derzeit drei Interessenten. Zuletzt war das kurz nach der Schliessung der Fall, es gab ein Projekt mit der Credit Suisse, am vielversprechendsten war aber das Angebot von René Schweri (72).
Der Denner-Erbe sicherte sich 2008 ein Vorkaufsrecht für ein Jahr. Warum man sich nicht einig wurde, will Cotti nicht sagen. Nur so viel: «Wir sind fünf Besitzer und es ziehen nicht immer alle am gleichen Strick.»
Er hat die Hoffnung auf den passenden Prinzen, der das frühere Traumhaus aus dem Dornröschenschlaf wach küsst, noch nicht aufgegeben: «Kürzlich habe ich Herrn Schweri angetroffen. Vielleicht gibt es nochmals einen Versuch.»
Bis es so weit ist, welkt die einstige Schönheit vor sich hin – auf die nächste Party wird sie noch eine Weile warten müssen.