Bussenkrieg wird Chefsache
Italien schikaniert Tessiner Firmen mit Fahrverbot

Italiens Innenminister Matteo Salvini (46) zieht die Schraube an: Wer in Italien lebt, darf kein Schweizer Auto fahren. Basta! Das ärgert viele Tessiner Unternehmen, denn auf die kommen happige Bussen zu.
Publiziert: 25.03.2019 um 12:09 Uhr
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Aktualisiert: 08.08.2021 um 16:01 Uhr
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Der Bussenkrieg mit Italien erreicht das Bundeshaus in Bern.
Foto: Keystone
Myrte Müller

Das Fahrverbot gilt erst seit Dezember: Wer in Italien lebt, darf in der Heimat kein Auto mit Schweizer Kennzeichen fahren. Vor allem für Tessiner Unternehmen ist dies ein Problem. Denn viele ihrer Mitarbeiter sind Grenzgänger und müssen mit dem Firmenwagen auch zu Terminen im italienischen Grenzgebiet fahren.

Doch werden sie dabei erwischt, drohen Bussen von mehreren Tausend Franken – und das Auto wird konfisziert. Fabio Regazzi (56) schlägt deshalb Alarm. Der CVP-Nationalrat ist Präsident des Tessiner Industrie-Verbandes. Und er ist Unternehmer. «In meinem eigenen Betrieb nutzen ein halbes Dutzend Italiener unsere Dienstfahrzeuge», sagt der Rollladenhersteller aus Gordola TI zu BLICK.

Es drohen die Beschlagnahme des Autos und hohe Geldstrafen

Früher habe eine Vollmacht mit beglaubigter Unterschrift vom Arbeitgeber gereicht, damit Grenzgänger CH-Fahrzeuge fahren durften. «Doch seit Ende Dezember 2018 nützt auch keine Prokura mehr.» Erwischt werden, könne teuer werden, so Regazzi.

Seit Matteo Salvini (45) regiere, wehe ein schärferer Wind in Italien, meint der CVP-Politiker. Er ärgert sich: «Ich kann diese Schikanen nicht nachvollziehen. Schliesslich zählt das Tessin zu den grössten Arbeitgebern für die Italiener. Wir sichern ihnen fast 65'000 Jobs.»

Bern antwortet auf Anfrage des Tessiner Nationalrats

Schon viele Tessiner Unternehmer hätten sich beim kantonalen Industrie-Verband über das neue Dekret beklagt, so Fabio Regazzi. Der Tessiner Politiker wandte sich an den Bundesrat und wollte wissen: Weiss Bern Bescheid über die Schikane? Die Antwort überrascht. Bern sei längst tätig, erklärt der Bundesrat am vergangenen Montag.

Über die Schweizer Botschaft hätten Schweizer Behörden bereits beim italienischen Auswärtigen Amt und beim Amt für Internationale Kooperation sowie beim Verkehrsministerium und bei der parlamentarischen Kommission für Transport, Postwesen und Telekommunikation interveniert, um potenzielle Nachteile für Schweizer Unternehmen zu verhindern. Ob die Beschwerden Früchte tragen werden, ist noch unklar. Weitere Gespräche zwischen den Behörden seien vorgesehen.

81 Prozent der europäischen Zechpreller im Tessin sind Italiener

Unterdessen schlägt der Südkanton im Bussen-Krieg mit dem Nachbarn zurück. Auf eine parlamentarische Anfrage des Lega-Politikers Daniele Casalini hin, kam heraus: Gut 81 Prozent der nicht bezahlten 6653 Strafmandate von EU-Bürgern im Tessin wurden von Italienern verbockt. Das sind über 5400 Zechpreller! Und der verursachte Schaden, der italienischen «Schlaumeier»– wie Daniele Casalini sie in seiner Anfrage bezeichnet – liegt bei 800 000 Franken.

In der Schweiz gibt es die automatische Kennzeichen-Lesung. So sind viele der Zechpreller registriert. Bei den im Tessin angestellten Grenzgänger, so antwortet der Staatsrat auf die Lega-Anfrage, kann der Lohn gepfändet werden. Alle anderen, die in eine Kontrolle geraten, werden von der Polizei oder der Grenzwacht zur Kasse gebeten. Jetzt will der Südkanton seine registrierten Kennzeichen schweizweit weiterleiten. Sodass auch jenseits des Gotthards Zechpreller ins Visier geraten.

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