Alessio S. (†43) kracht mit Baby Nicola (†1) in Tessiner Kapelle – Nonno Vittorio B. (69) trauert
«Der Kleine war unser Engel»

Der Horror-Crash ereignet sich am Dienstagabend kurz vor 18 Uhr auf der Kantonsstrasse in Richtung Preonzo TI. Der Bellenzer Kantonspolizist ist auf der Stelle tot. Sein kleiner Sohn wird beim Aufprall aus dem Auto katapultiert und stirbt wenig später im Spital.
Publiziert: 30.09.2020 um 19:50 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2020 um 09:37 Uhr
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Traurige Bilanz des schweren Verkehrsunfalls am Dienstagabend kurz vor 18 Uhr: Zwei Tote und ein SUV mit Totalschaden.
Foto: FVR
Myrte Müller, Nicolas Lurati

Das Kirchlein wacht einsam an der Kantonsstrasse. Umgeben von Wiesen und Reben, ist sie schon von weitem gut zu erkennen. Gewidmet ist die Kapelle dem heiligen Joseph. Im katholischen Glauben ist San Giuseppe der Patron der Sterbenden und eines guten Todes. Am Dienstagabend wird ausgerechnet dieses Kirchlein zwischen Gnosca TI und Preonzo TI zum Schauplatz eines schrecklichen Autounfalls.

Es ist kurz vor 18 Uhr. Ein schwarzer Hyundai fährt in Richtung Preonzo. Die Kantonsstrasse ist gleich hinterm Ortsschild schnurgerade – 80 km/h sind erlaubt. Der Kantonspolizist Alessio S.* (†43) gibt Gas. Was dann passiert, ist den Ermittlern ein Rätsel. Denn der SUV verlässt auf dem geraden Stück plötzlich die Spur, zieht links über die andere Strassenseite hinweg und kracht mit weiterhin hoher Geschwindigkeit gegen die Mauer des Kirchleins. Die Wucht ist so gross, dass das Nummernschild im Mauerwerk einen deutlichen Abdruck hinterlässt.

Die Ärzte versuchen das Baby zu reanimieren – vergebens

Der kleine Nicola* (13 Monate) wird durch den heftigen Aufprall 30 Meter aus dem Wagen geschleudert. Sein Vater, eingeklemmt im zusammengedrückten Wrack, stirbt vor Ort. Mit Blaulicht wird das schwer verletzte Baby ins Spital San Giovanni gebracht. Verzweifelt versuchen die Ärtzte, den Buben zu reanimieren. Vergebens. Kurz nach Einlieferung in die Notaufnahme erliegt er seinen schweren Verletzungen.

«Er war unser Engel», sagt Nonno Vittorio B.* (69). Die Stimme des Ex-Kripo-Beamten bebt. Nur schwer kann er die Tränen zurückhalten: «Nicola fing gerade an zu laufen. Er hat uns so viel Freude gemacht. Jetzt werden wir ihn nie wieder sehen. Es bricht uns das Herz.» Noch mit Schaudern denkt der Tessiner an den Abend des Unglücks zurück. «Meine Frau und ich wollten in Preonzo auswärts essen. Wir fuhren genau zu dieser Zeit los», erzählt Vittorio B. und erinnert sich: «Die Kantonsstrasse war abgesperrt. Es sei ein schwerer Verkehrsunfall passiert, sagte man uns. Wir ahnten ja nicht, dass unser Enkel in jenem Auto sass.»

Eltern des kleinen Nicola lebten getrennt

Die Mutter des kleinen Nicola wird psychologisch betreut. Zu gross ist der Schock. Paola B.* (38) hatte nach dem Mutterschaftsurlaub gerade wieder mit der Arbeit als Sekretärin begonnen. Sie lebte getrennt vom Vater des Kindes. Einmal die Woche holte Alessio S. seinen Sohn ab, um Zeit mit ihm zu verbringen. So auch an diesem unseligen Dienstagabend. Alessio wollte zu seinen Eltern nach Claro TI. Um den Feierabendverkehr zu umgehen, wählte er offenbar die Strecke am Kirchlein vorbei. «Meine Tochter hatte ihm ihr Auto gegeben, weil darin der Kindersitz war», erzählt Vittorio B. weiter. Wie es zum schlimmen Crash kam, kann sich auch der Nonno nicht erklären.

Zeugen des Unfalls gibt es offenbar keine. «Vielleicht ist ihm ein Wildtier vor die Haube gelaufen», sagt der Grossvater. Vielleicht hat Alessio S. unachtsam nach dem Kind auf der Rücksitzbank geschaut. Vielleicht war der Mann auch im Stresszustand. Alessio S. war in einer anderen Beziehung und bereits Vater von zwei Kindern, als der kleine Nicola geboren wurde. Es kam zu einem Beziehungskonflikt. Auch beruflich soll der Polizist aktuell Probleme gehabt haben. Verstörend: Es gäbe am Unfallort kein Anzeichen einer Bremsspur, berichtet La Regione. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.

* Namen geändert


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