Noch im April sah es düster aus in der Sonnenstube. Corona zwang zum Lockdown. In den Tessiner Hotels herrschte gähnende Leere. Allenfalls buchten vereinzelt Grenzgänger aus Italien ein Zimmer.
Drei Monate später standen Touristen Schlange. Im Monat Juli verbuchte die Sonnenstube 378'000 Übernachtungen, meldet das Bundesamt für Statistik (BFS). Trotz Corona. Oder gerade wegen Corona. Denn es waren die Schweizer, die ihre Sonnenstube wieder – oder sogar neu – entdeckten.
Die Reisewelle rollte pünktlich zum Schulferienbeginn an
Während im Schweizer Tourismus die Übernachtungen um 26 Prozent zum Vorjahreszeitraum zurückging, freut sich der Südkanton über ein Plus von 12,5 Prozent im Vergleich zum Juli 2019. Grund: In den Reisehochburgen nördlich des Gotthards blieben in diesem Sommer die ausländischen Gäste fern, dafür kamen die Einheimischen ins Tessin.
«Am 9. Juli ging es so richtig los», sagt Lorenzo Pianezzi (39), «pünktlich zu Schulferienbeginn in der Deutschschweiz und der Romandie.» Der Präsident der Tessiner Sektion von Hotellerie Suisse staunt: «Es kamen neben Familien auch viele junge Paare, die unseren Kanton als Reisedestination noch gar nicht kannten.»
Auch Lugano war gut besucht
Gut gebucht sei im gesamten Kantonsgebiet worden. Und: Die Gäste seien spendabel gewesen. «Man sah, dass sie ihre Ferien geniessen wollten», sagt der Tessiner Hotelier. Sie blieben offenbar länger als üblich. Denn das BFS zählte im Monat Juli 149'000 Hotelgäste, gut 11'000 weniger als im Vorjahreszeitraum.
Sogar Lugano sei gut besucht worden, sagt Pianezzi, «obwohl die Amerikaner, Araber und Inder fehlten.» Die Schweizer machten es wett. Sonst liege ihr Anteil im Südtessin bei 43 Prozent. Mittlerweile machten sie 90 Prozent der Klientel aus.
Hoffnung auf einen goldenen Herbst
Auch der Monat August sei gut gelaufen, ganz ähnlich wie in den vergangenen Jahren. Jetzt im September kämen die Besucher aus dem Norden vor allem am Wochenende, sagt Lorenzo Pianezzi weiter, in der Woche seien die meisten Hotels zurzeit zu 60 Prozent belegt.
Bleibt die Hoffnung auf einen goldenen Herbst und auf die Senioren. «Sie buchen in diesem Jahr nicht im Voraus», sagt der Besitzer des Hotels Zurigo Downtown in Lugano TI, «sondern entscheiden spontan.» Trotz Super-Saison, hält sich der Jubel in Grenzen.
«Was wir zwischen März und Mai verloren haben, holen wir in der Sommerperiode nicht wieder auf», sagt Lorenzo Pianezzi im Gespräch mit «AWP». Für das gesamte Geschäftsjahr rechne er für die Branche mit einem Umsatzrückgang von mindestens 25 Prozent.
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