Terrorismusbekämpfung
Regierungsrätin Fehr: Zürich muss Muslime besser einbeziehen

Die belgische Stadt Vilvoorde hat sich von einer Hochburg von Dschihad-Reisenden zu einer Vorzeigestadt entwickelt - dank eines Präventionskonzepts. Eine Zürcher Delegation unter der Leitung von Regierungsrätin Jacqueline Fehr (SP) hat sich vor Ort informiert.
Publiziert: 15.07.2016 um 17:42 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 23:13 Uhr
Die belgische Stadt Vilvoorde hat sich aktiv gegen die Radikalisierung von Jugendlichen gestemmt - über die Projekte hat sich die Zürcher Regierungsrätin Jacqueline Fehr bei einem Besuch vor Ort informiert. (Archivbild)
Foto: KEYSTONE/GEORGIOS KEFALAS

Die Verantwortlichen von Vilevoorde bauten auf drei Säulen: Prävention, Deradikalisierung und Repression, sagte die Zürcher Justizdirektorin. «Mich erinnert ihre Politik sehr an unsere Drogenpolitik in den 90er Jahren.»

Dieser Dreisäulen-Ansatz habe der Schweiz damals geholfen, die Drogenproblematik in den Griff zu bekommen. Daher sei für sie klar, dass damit auch der Radikalisierung entgegengewirkt werden könne, sagte die Zürcher Regierungsrätin.

Gemäss Fehr ist in Vilvoorde die Zusammenarbeit zwischen den drei Säulen sehr gut gelungen. Sozialarbeiter, Polizei, Religionsvertreter und Staat koordinieren sich und informieren sich gegenseitig, was sie machten. Das fördert laut Fehr das gegenseitige Verständnis. In der Stadt Zürich hat man zur besseren Koordination und Vernetzung so genannte «Runde Tische» eingeführt.

Die Pionierrolle der flämischen Gemeinde Vilvoorde im Präventionsbereich ist nicht freiwillig - sie hat sich vielmehr aus der Not ergeben: Denn zwischen 2012 und 2014 haben 28 junge Menschen die 43'000 Einwohner grosse Stadt im Norden Brüssels verlassen, um in den Dschihad zu ziehen.

Der Ausländeranteil in Vilvoorde ist hoch - rund 45 Prozent. Viele Migranten arbeiteten in der Produktionsstätte des französischen Autoherstellers Renault. Dieser schloss jedoch 1997 sein Montagewerk. Heute ist fast die Hälfte der Ausländer arbeitslos.

Um dem Ruf einer Hochburg für Dschihad-Reisende entgegenzutreten, reagierte Vilvoorde und lancierte ein Präventionsprogramm. Im Mai 2014 habe man die letzten Ausreisewilligen an der Grenze gestoppt. «Seitdem hat niemand mehr die Stadt verlassen, um in den Dschihad zu ziehen», sagte Bürgermeister Hans Bonte, dessen Präventionskonzept ihm gar eine Einladung von US-Präsident Barak Obama ins Weisse Haus beschert hatte.

Ob der Erfolg Vilvoordes alleine dem Präventionsprogramm zu verdanken ist, bleibt jedoch ungewiss. Niemand wisse das, meinte der Bürgermeister. «Aber ich bin überzeugt, dass man im Kampf gegen Radikalisierung nur Erfolg haben kann, wenn man auf lokaler Ebene zusammen mit der Zivilgesellschaft arbeitet». Also mit Schulen, Jugendvereinen, Sozialarbeitern - laut Bonte aber vor allem mit der muslimischen Gemeinschaft.

Fehr hat vor allem der Einbezug der Muslime überzeugt: «Denn letztlich sind es ihre Kinder, die in den Krieg ziehen.» In Vilvoorde sei es gelungen, die muslimische Gemeinschaft zu einem Partner zu machen.

Gleichzeitig habe man aber auch gewisse Zusagen eingefordert - etwa dass die muslimischen Gemeinden den Jungen zu verstehen geben, dass der Dschihad der Terroristenorganisation IS nichts mit Religion zu tun habe. «Damit hat man sie in die Verantwortung eingebunden.» Zusätzlich habe man viele niederschwellige Angebote geschaffen, wo Betroffene Hilfe erhalten, sagte Fehr weiter.

Für Fehr jedenfalls hat sich der Arbeitsbesuch in der belgischen Gemeinde gelohnt. Die Idee dazu stammt vom neuen belgischen Botschafter in der Schweiz. Bei seinem Antrittsbesuch im Kanton Zürich erwähnte er das Präventionsmodell von Vilvoorde gegenüber der Justizdirektorin.

Der Besuch habe ihr bestätigt, «dass wir auf dem richtigen Weg sind». Er habe gezeigt, dass es in der Stadt Zürich und Winterthur gute Ansätze gebe mit denen man weiterarbeiten könne.

Vilvoorde hat der Zürcherin aber auch vor Augen geführt, wo es noch Verbesserungspotenzial gibt - beim Einbezug der muslimischen Gemeinschaften. Der Kontakt sei noch nicht so gut wie sie es gerne hätte. «Da ist Vilvoorde ein Stück weiter als wir.»

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