Im März 2016 waren drei Iraker vom Bundesstrafgericht wegen Unterstützung der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) zu einer unbedingten Freiheitsstrafe verurteilt worden. Doch wegen guter Führung und weil ihnen die Untersuchungshaft angerechnet wurde, kamen sie bereits wenige Monate später auf freien Fuss.
Obwohl das Bundesamt für Polizei (fedpol) ihre Ausweisung beantragte, weil sie weiterhin «die innere und äussere Sicherheit der Schweiz» gefährdeten, konnten die Männer aus völkerrechtlichen Gründen nicht ausgeschafft werden. Denn in ihrem Heimatland soll ihnen Folter und sogar die Todesstrafe drohen.
In solchen Fällen seien der Polizei heute die Hände gebunden, sagte dazu Justizministerin Simonetta Sommaruga, als sie im Dezember letzten Jahres das neue Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus in die Vernehmlassung schickte. Diese ging am Mittwoch zu Ende.
Das neue Gesetz soll es der Polizei ermöglichen, Personen, von denen eine terroristische Gefahr ausgehen könnte, unter Hausarrest zu stellen. Ausserdem könnte ihnen der Zugang zu einem bestimmten Gebiet verboten und ein Ausreiseverbot oder eine Meldepflicht verhängt werden. Ausländer könnten neu inhaftiert werden, wenn sie des Landes verwiesen wurden, aber nicht ausgeschafft werden können.
Unterstützung für ihre Vorschläge erhält Sommaruga von der SVP, der FDP, der CVP, der BDP und den Kantonen. Für die FDP ergänzen die Massnahmen das «strafrechtliche Anti-Terror-Dispositiv». Die Bekämpfung von Terrorismus müsse bereits in der Phase der Radikalisierung einer Person einsetzen, schreibt die FDP. Deshalb befürworte die Partei vor allem die Massnahmen vor dem eigentlichen Strafverfahren.
Auch die SVP und die CVP begrüssen die Vorschläge des Bundesrates. Die Massnahmen seien sicher dazu geeignet, um radikalisierte Personen daran zu hindern, auszureisen und im Ausland eine terroristische Straftat zu begehen, teilte die SVP mit. Fraglich sei jedoch, ob damit auch Terrorakte in der Schweiz verhindert werden könnten.
In einigen Punkten möchte die Partei deshalb noch weiter gehen: So fordert sie, dass die Maximaldauer der Massnahmen von sechs auf zwölf Monate verdoppelt wird, mit einmaliger Verlängerung um sechs Monate. Ausserdem möchte die SVP die Rekursmöglichkeiten der Gefährder gegen die Verordnung eines Hausarrests einschränken.
Eine andere, zusätzliche Massnahme schlägt die Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren (KKJPD) vor: die «gesicherte Unterbringung für Gefährder (GUG)». Denn bis heute bestehe kein rechtliches Instrumentarium, eine solche Person nach Ablauf der Strafdauer zu inhaftieren.
Die GUG würde nach Ansicht der KKJPD sicherstellen, dass wegen terroristischer Straftaten verurteilte Personen mit einem konkreten Rückfallrisiko auch nach Verbüssen ihrer Strafe nicht ohne nachfolgende Sicherungsmassnahmen entlassen würden.
Ganz anders tönt es bei SP und GLP: Sie lehnen den Hausarrest für Gefährder kategorisch ab. Dass ohne Tatverdacht kein Freiheitsentzug verordnet werden dürfe, sei für die Partei «ein wichtiger Grundsatz, der nicht aufgegeben werden darf», schreibt die SP. Ausserdem gebe es bereits «ein ausreichendes Instrumentarium für einen Freiheitsentzug zum Schutz der Bevölkerung vor terroristischen Straftaten».
Auch die Grünliberalen sind «nicht davon überzeugt», dass angesichts der bereits existierenden und geplanten Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus (wie dem Nationalen Aktionsplan, dem neuen Nachrichtendienstgesetz und der geplanten Revision des Strafgesetzbuches) «zusätzlich präventiv-polizeiliche Massnahmen erforderlich sind».
Die Partei ruft den Bundesrat deshalb auf, den Handlungsbedarf für die vorgeschlagenen Massnahmen besser zu begründen. Ausserdem kritisiert die GLP den «inneren Widerspruch» der Vorlage: Denn was nach dem Hausarrest mit den Gefährdern geschehe, bleibe ja weiterhin ungeklärt.
Für die Menschenrechtsorganisation Amnesty International stellt die Vorlage sogar «grundsätzliche Rechtsprinzipien wie die Unschuldsvermutung in Frage». Die Massnahmen beruhten «auf der Grundlage von reinen Vermutungen und Spekulationen über Absichten und mögliche Taten». Und wegen der vagen Definitionen im Gesetz könnten dereinst auch Unschuldige zu Zielscheiben von präventiven Massnahmen werden.
Der Verein grundrechte.ch verweist auf bereits existierende Gesetze zur Terrorbekämpfung. Es sei deshalb «fragwürdig, ob das vorgesehene Gesetz überhaupt erforderlich ist». Zunächst müsse die Wirksamkeit der in jüngster Zeit geschaffenen Instrumente analysiert werden. Die neuen Regelungen schössen in vielen Fällen über das Ziel hinaus.
Trotz der Kritik an der Vorlage anerkennt aber auch die SP, dass bei den präventiven Möglichkeiten zur Verhinderung von terroristischen Straftaten ein gewisser Handlungsbedarf besteht. Deshalb befürworte sie die übrigen Bestimmungen, auch wenn sie «teilweise noch Anpassungsbedarf» sehe.
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