Gewerkschaften und Politiker aus dem linken Spektrum forderten, dass die Verfassung «endlich» eingehalten werde. «Lohngleichheit. Punkt. Schluss»: Unter diesem Motto versammelten sich Gewerkschaften und deren Sympathisanten am Tag der Arbeit zu Demonstrationen und Festivitäten. Zu nennenswerten Krawallen ist es bisher nicht gekommen.
Die Zürcher Stadtpolizei erstickte Ausschreitungen nach dem offiziellen Umzug im Keim. Um 16.30 Uhr formierten sich etwa 80 Vermummte und wollten vom Stüssihof Richtung Central ziehen, wie es in einer Mitteilung heisst. Die Polizei stoppte das und löste die Ansammlung auf. Gleichzeitig setzten Unbekannte beim türkischen Konsulat einen Container in Brand. Auch spannten sie ein Transparent mit einer Kette über die Strasse. Die Beamten setzten dem ebenfalls ein Ende und nahmen eine Person fest. Den ganzen Tag über sprach die Stadtpolizei zudem mehrere Wegweisungen aus.
«Marktideologie, Profitmaximierung und Abzockerei»
In Zürich zogen am Vormittag 13'000 Teilnehmer an der 1. Mai- Kundgebung durch die Innenstadt. Es sei unglaublich, mit welchem Schneckentempo es bei der Gleichstellung vorwärts gehe, sagte Unia-Präsidentin Vania Alleva als Hauptrednerin des Gewerkschaftsbundes an der Schlusskundgebung. Dabei sei die Kampagne für Lohngleichheit Teil eines grösseren Kampfes. Es gehe letztlich um die Wahl zwischen Solidarität und sozialer Spaltung.
Drei Jahrzehnte «Marktideologie, Profitmaximierung und Abzockerei» der neoliberalen Globalisierung hätten schwere Verwüstungen angerichtet. Es sei eine «extreme soziale Ungleichheit» geschaffen worden, welche den Nährboden für konservative, autoritäre Kräfte bilde, die eine Politik der Angst vorantreiben würden.
An der 1. Mai-Demonstration in Basel marschierten gegen 2500 Personen mit. Auf dem Barfüsserplatz sprach unter anderem Regula Bühlmann, Zentralsekretärin des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes. Über 100 Jahre hätten Frauen auf ihr Stimmrecht warten müssen und 60 Jahre auf die Mutterschaftsversicherung, sagte Bühlmann in ihrer Rede. Die Lohngleichheit stehe seit 37 Jahren in der Verfassung und die Frauen würden noch immer warten, dass sie Wirklichkeit werde.
«Es gibt keine Ausreden»
In Freiburg richtete SP-Präsident Christian Levrat eine Mahnung an die Parlamentsmitglieder: «Es gibt keine Ausreden. Lohndiskriminierung existiert und muss endlich bekämpft werden», sagte er gemäss Mitteilung. Es gebe keine Legitimation für Aktionen wie jene in der vergangenen Session, als die Lohngleichheitsvorlage durch den Ständerat blockiert worden sei. Das Volk fordere Veränderung, und es sei an der Zeit, dass die Politik und die Wirtschaft endlich in der Realität ankämen.
In Winterthur machte der Präsident des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB), Paul Rechsteiner, mit der Geschichte Mut für Kampf um Lohngleichheit. Seit dem Generalstreik vor 100 Jahren hätten die Arbeiter zwar immer wieder Niederlagen einstecken müssen, sagte Rechsteiner laut Redetext.
Doch: «Auf lange Sicht zählt nicht die Niederlage. Sondern die Kraft, das Engagement, der Mut für berechtigte Forderungen weiterzukämpfen.» Auch der aktuelle Kampf für Lohngleichheit und eine gute AHV bräuchten eine starke Bewegung. Rechsteiner sprach am Nachmittag auch in Interlaken BE und am Abend in Münchenbuchsee BE.
Sommaruga besucht Schokoladenfabrik
In zahlreichen weiteren Gemeinden gab es den ganzen Tag über weitere Kundgebungen sowie Festreden und Diskussionsrunden. Die Bevölkerung war vielerorts in Festzelte eingeladen, oft bei musikalischer oder anderer künstlerischer Unterhaltung. Daneben wurden von zahlreichen Präsidenten von verschiedenen Gewerkschaften und Vertreter von Bewegungen Reden halten.
Unter das Volk mischten sich die beiden SP-Bundesräte. Justizministerin Simonetta Sommaruga besuchte am Nachmittag in Ennenda im Kanton Glarus die Schokoladenfabrik Läderach und traf sich dort mit Arbeitnehmenden.
Bundespräsident Alain Berset wird am Abend im Wallis erwartet. Für ihn steht auf Einladung des Walliser Gewerkschaftsbunds eine Rede in Sitten auf dem Programm. (SDA/noo)
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