Unmut, eine Idee, ein Monat Vorbereitung und eine kleine Tafel: Das ist alles, was der Zürcher Künstler Roland Roos (44) braucht, um den Protest gegen die Lockerung der Schweizer Waffenexporte auf die Spitze zu treiben!
Mit jeder Menge Werkzeug und einer Tafel im Gepäck bestiegen er und zwei Bergsteigerkollegen vergangenen Mittwoch die Dunantspitze, den zweithöchsten Berggipfel der Schweiz im Monte-Rosa-Massiv. Aber nicht wegen der Aussicht, sondern um auf über 4600 Metern Höhe die Gedenktafel zu Ehren von Henry Dunant auszutauschen.
Einfacher als gedacht
Zehn Minuten dauert die Aktion. «Es war einfacher als gedacht», sagt Roos zu BLICK. Sie schrauben die alte Tafel ab, bohren neue Löcher und befestigen das neue Schild. Und benennen den Gipfel kurzerhand wieder in Ostspitze um.
So wie sie bis 2014 bereits geheissen hatte. Auf Wunsch des damaligen Bundesrates Didier Burkhalter war sie damals zu Ehren des Schweizer Humanisten Henry Dunant umbenannt worden.
Eine Auszeichnung, die der Berggipfel heute zu Unrecht trage, findet der Zürcher Künstler. Dies, weil der Bundesrat im Juni angekündigt hat, die Bestimmungen für Waffenexporte zu lockern. Damit sollen Exporte in Bürgerkriegsländer möglich werden. Roos findet das daneben: «Auf der einen Seite macht die Schweiz sogar auf Berggipfeln auf die humanitäre Tradition aufmerksam – und gleichzeitig soll der Waffenexport gelockert werden? Für mich ein krasser Widerspruch.»
Teil einer Ausstellung
Einen Monat lang dauerten die Vorbereitungen, bis der Tafeltausch über die Bühne ging. Roos ist froh, dass alles geklappt hat. «Der Aufstieg war anstrengend, aber mir war wichtig, die Tafel selbst nach oben zu bringen», sagt er. Das Originalschild gibt es übrigens noch. Roos nahm es mit. Jetzt ist es Teil einer Ausstellung.
Von der Bergspitze ging es direkt in den dritten Stock des Zürcher Museums Haus Konstruktiv. «Die Tafel liegt nun dort als Relikt vergangener Zeiten.» Als Teil der «Werkschau 2018» kann das Originalschild ab heute zehn Tage lang besichtigt werden.
Und die neue Tafel? Die wird so lange da oben bleiben, bis die Waffenexport-Debatte geklärt ist. «Wenn das Gesetz nicht verabschiedet wird, werde ich das Schild wahrscheinlich wieder austauschen. Dann zumindest hätte es die Schweiz wieder verdient.»
Bleibt die Kunsttafel auf der Spitze?
Wie lange die Kunsttafel tatsächlich aber auf der Dunantspitze bleiben wird, ist fraglich. Bisher wusste niemand von der Aktion – nicht mal die Gemeinde Zermatt VS. Dort ist man nicht erfreut über das Kunstprojekt. «Das höre ich zum ersten Mal», sagt Gemeindepräsidentin Romy Biner-Hauser zu BLICK. Viel will sie nicht mehr dazu sagen. Nur: «Wir werden das abklären.»
Roos hofft, dass die Tafel nicht gleich abmontiert wird. «Im schlimmsten Fall fliegen die mit einem Heli nach oben und entfernen sie. Und die Rechnung für den Einsatz wird dann mir aufgebrummt.» Ihm sei zwar bewusst, dass die Aktion Grenzen übertrete, aber: «Der Bundesratsentscheid zur Waffenexport-Lockerung ist genauso grenzwertig.»
Was jetzt auf ihn zukommt, weiss er nicht. Angst vor Ärger hat er nicht. «Juristische Konsequenzen interessieren mich nicht.»
Der Genfer Henry Dunant gilt als einer der grossen Humanisten des 19. Jahrhunderts. Bereits in seinen jungen Jahren setzte er sich mit seiner Mutter für Arme und Kranke in Genf ein. Während einer Geschäftsreise in Italien wurde er Zeuge einer Schlacht zwischen italienischen und französischen Soldaten. Und er sah, dass sich niemand um die Verletzten und Sterbenden kümmerte.
Geprägt von diesen Ereignissen gründete er in Genf das Internationale Komitee vom Roten Kreuz. Dunant sorgte dafür, dass im Jahr 1864 zwölf Staaten das erste Genfer Abkommen unterzeichneten – der Grundstein der Genfer Konventionen. Ein grundlegendes Abkommen zum Schutze von Verwundeten, Kranken, Gefangenen und Zivilpersonen im Krieg. Für sein Engagement wurde Dunant 1901 der erste Friedensnobelpreis verliehen.
Der Genfer Henry Dunant gilt als einer der grossen Humanisten des 19. Jahrhunderts. Bereits in seinen jungen Jahren setzte er sich mit seiner Mutter für Arme und Kranke in Genf ein. Während einer Geschäftsreise in Italien wurde er Zeuge einer Schlacht zwischen italienischen und französischen Soldaten. Und er sah, dass sich niemand um die Verletzten und Sterbenden kümmerte.
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