Die Verhandlungen über eine Assoziierung an das EU-Austauschprogramm Erasmus+ wurden auf Eis gelegt, als das Stimmvolk im Februar 2014 Ja sagte zur Zuwanderungsinitiative der SVP. Dank einer Übergangslösung können junge Leute aus der Schweiz aber dennoch Auslandssemester absolvieren und beim Austausch mitmachen.
Diese Regelung ist bis Ende Jahr befristet. Im April hat der Bundesrat nun eine Lösung für die Jahre 2018 bis 2020 präsentiert, die der Lösung seit 2014 gleicht. Der Nachteil: Austauschprogramme sind mit weniger Universitäten möglich und Schweizer Hochschulen müssen einzelne Verträge abschliessen, weil die Schweiz als Drittstaat gilt.
Für die vier Jahre beantragt der Bundesrat dem Parlament dafür insgesamt 114,5 Millionen Franken. Diese werden verteilt auf den Austausch (93,8 Millionen Franken), die nationale Agentur «Movetia» (11,1 Millionen Franken) sowie Begleitmassnahmen (9,6 Millionen Franken). Das ist weniger als die zunächst mit einer Assoziierung an Erasmus+ eingeplanten 122,6 Millionen Franken.
Der Kredit war im Ständerat unbestritten. Mit der Übergangslösung werde für die Betroffenen zumindest eine gewisse Rechts- und Planungssicherheit geschaffen, ohne dass erheblich mehr finanzielle Mittel als geplant benötigt würden, sagte Brigitte Häberli-Koller (CVP/TG) im Namen der Kommission.
Aus Sicht der Ratsmehrheit ist die reduzierte Teilnahme aber kein gleichwertiger Ersatz. «Die Übergangslösung ist eine Notlösung», stellte Werner Luginbühl (BDP/BE) klar. Der Zusatzaufwand sei beträchtlich, denn alleine die ETH müsse rund 250 Einzelverträge aushandeln. Wissenschaft, Wirtschaft und Bildungsinstitutionen forderten eine dauerhafte Lösung.
Der Ständerat will deshalb den Bundesrat beauftragen, so rasch wie möglich Verhandlungen für eine Vollassoziierung der Schweiz an Erasmus+ ab 2021 aufzunehmen. Er hiess eine Kommissionsmotion mit 28 zu 11 Stimmen gut.
Eine Ratsminderheit lehnte dies ab. Die heutige Regelung sei effizienter und ermögliche hiesigen Hochschulen eigene Lösungen, erklärte Hannes Germann (SVP/SH). Dagegen werde mit der Motion der Handlungsspielraum des Bundesrates beschnitten. «Verhandlungstaktisch ist das unklug.» Auch Hans Wicki (FDP/OW) betonte, die Landesregierung dürfe nicht mit einem publizierten Auftrag nach Brüssel geschickt werden.
Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann erklärte, das Anliegen der Motion sei bereits erfüllt. Der Bundesrat stehe seit März in Verhandlungen über einen Anschluss an Erasmus+ ab 2021. Schneider-Ammann kündigte aber an, dass die Vollassoziierung die Schweiz drei bis vier Mal teurer zu stehen kommen werde. Der Grund sei, dass die EU ihr System zur Beitragszahlung geändert habe.
Mehr Tempo fordern die Jugendverbände. Sie haben im August eine Petition mit knapp 10'000 Unterschriften eingereicht, mit der sie sofortige Verhandlungen für eine vollumfängliche Teilnahme der Schweiz an Erasmus+ verlangen. Ihrer Ansicht nach ist die Übergangslösung nur mit Nachteilen verbunden.
Erasmus+ ist bei Studierenden sehr beliebt. Rund 678'000 Menschen haben 2015 mit dem EU-Jugendaustauschprogramm Erasmus die Möglichkeit genutzt, im Ausland zu studieren, eine Aus- oder Weiterbildung zu machen oder Arbeitserfahrung zu sammeln.