Alpiq steht das Wasser bis zum Hals: Im Geschäftsjahr 2015 hat der Stromkonzern einen Riesenverlust von 830 Millionen Franken geschrieben. In ihrer Not geht Alpiq ans Eingemachte: Sie will einen Teil ihrer Stauseen verscherbeln, um wieder besser dazustehen.
Damit nicht genug: Der Stromriese will die unrentablen Atomkraftwerke Leibstadt und Gösgen loswerden. Eine staatliche Auffanggesellschaft soll diese übernehmen (BLICK berichtete). Gelingt das Manöver, zahlt der Steuerzahler die Milliarden für den Rückbau.
Der neueste Schachzug: Alpiq verlegt den Stromhandel vom Hauptsitz in Olten SO nach Prag. Am Dienstag wurde die Abteilung zu einer Sitzung geladen. «Zwei Stunden später waren alle ihre Jobs los», sagt ein Firmeninsider. Das sei erst die Spitze des Eisbergs. «Es werden noch weitere Bereiche ausgelagert», mutmasst er.
BLICK weiss: Man hat den Betroffenen das Angebot gemacht, nach Prag zu ziehen und dort zu arbeiten. Für 2000 Franken im Monat. Zum Vergleich: In der Schweiz verdient ein Mitarbeiter in derselben Position 10'000 Franken.
«Für die Firma sind wir einfach nur Nummern», klagt der Alpiq-Mann. «Viele schauen sich nach einem neuen Job um, nicht nur die Entlassenen.» Ironie des Schicksals: Bevor sie ihren Schreibtisch räumen, müssen sie ihre tschechischen Nachfolger einarbeiten. «Die Leute schaufeln sich so ihr eigenes Grab, das tut weh.»
Der Stromkonzern rechtfertigt die Verlagerung. «Alpiq macht ihre Hausaufgaben in einem äusserst anspruchsvollen Marktumfeld konsequent», sagt Sprecher Andreas Meier. Man analysiere, welche Aufgaben an welchem Standort am effizientesten zu erfüllen seien. Man habe seit 2012 schon 270 Millionen Franken eingespart.
Die Betroffenen seien frühzeitig und transparent über die Pläne informiert worden. Sie würden bei der Suche nach einem neuen Job unterstützt. Wie viele Büezer den blauen Brief erhalten haben, will Alpiq nicht sagen.
«Neben den Schweizer Standorten ist Prag unser zweites Zuhause», sagt Meier. Man habe dort seit über zehn Jahren eine starke Basis für den grenzüberschreitenden Stromhandel aufgebaut. «Im Handel ist es wichtig, dass man vor Ort präsent ist und die Landessprache spricht», sagt er. Alpiq beschäftigt in Prag 130 Mitarbeiter. Bald werden es mehr sein.
SP-Nationalrat Eric Nussbaumer (55, BL) stört sich am Alpiq-Entscheid. «Es ist schade um jeden Job, der in der Schweiz verloren geht. Besonders stossend ist es aber, wenn ein Konzern wie Alpiq zu solchen Mitteln greift, der zu einem grossen Teil im Besitz der öffentlichen Hand ist.»
Gelassener sieht es FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen (34, BE). «Die Alpiq nutzt damit nur ihre unternehmerische Freiheit», sagt er. Das könne sogar ein Vorteil sein. «Möglicherweise hat Alpiq so Zugang zu Stromprodukten, die der Konzern von der Schweiz aus nicht hat.»