Cátia Andreia Domingues dos Santos (28), Putzfrau
Mit ihrem Freund ist Cátia Andreia Domingues dos Santos vor eineinhalb Jahren aus Portugal in die Schweiz gezogen. Er hatte ein gutes Jobangebot, sie gab eine gute Stelle auf.
In der Schweiz fand sie Arbeit als Putzfrau in einem Fünfsternehotel in Zürich. Wie lange ein Arbeitstag dauern würde, wusste sie morgens nie. Dafür exakt, wie viel Zeit sie maximal für die Reinigung eines Zimmers verwenden darf: zehn Minuten. Manche waren ordentlich, in anderen hatte der Gast sein Geschäft in der Badewanne verrichtet. Die Putzcrew war immer unterbesetzt, die Rezeption machte ständig Druck, die Zimmer fertig zu machen.
Es gab Momente, in denen sie so gestresst war vom Gefühl, nicht mit der Arbeit nachzukommen, dass sie zu weinen begann, während sie ein Bett neu bezog, erzählt Domingues dos Santos. Einmal war ein Gast noch da, als sie ins Zimmer kam. Er zog sie zu sich aufs Bett. Domingues dos Santos beschwerte sich. Das Hotel unternahm nichts.
Lediglich ein 50 Prozent-Pensum war ihr garantiert. Im ersten Monat arbeitete sie 250 Stunden. Auf ihrer Lohnabrechnung: 2000 Franken. Erst als sie sich beschwerte, wurden ihr die 3400 Franken für eine Vollzeitstelle ausbezahlt. Sie musste die Gewerkschaft einschalten, um die Überstunden ausbezahlt zu bekommen. Viele ihrer Kolleginnen hingegen würden sich aus Angst, den Job zu verlieren, nicht wehren.
Domingues dos Santos putzt nun für eine andere Firma Privathaushalte und Bürogebäude. Am Abend vorher bekommt sie per SMS oder Telefon ihren Arbeitsplan für den kommenden Tag. «Manchmal sind es drei, an anderen Tagen zwölf Stunden.» In der Reinigungszeit für ein Haus ist der Anfahrtsweg nicht dabei. Stehen die Putzfrauen im Stau und sind zu spät, rufen die Kunden den Chef an, der wiederum beschwert sich bei den Frauen. Sie seien zu nichts gut und nichts wert, sagte er einmal. Wohlhabende Kunden behandelten sie wiederholt, als ob sie ihr Eigentum wäre. Einer warf ihr etwas vor die Füsse und sagte: «Heb es wieder auf!» Falls sie sich wehrte, beschwerten sich die Kunden beim Chef.
Der Lohn dafür: 18.80 Franken pro Stunde. Brutto. Wie viel Geld sie Ende Monat auf dem Konto hat, weiss Domingues dos Santos nie. Einmal sind es 1400 Franken, dann 3400. Wäre sie nicht ständig verfügbar, würde sie den Job verlieren. Die Portugiesin möchte sich besser integrieren, Deutsch lernen. Mit 1500 Franken auf dem Konto sei das aber nicht möglich, weil es ums Überleben gehe. Sie findet: «Putzen ist ein Job, der sehr geringgeschätzt wird. Das muss sich ändern!»
Die Portugiesin wünscht sich deshalb, dass kontrolliert wird, was die Arbeitgeber tun, und diese körperlich anstrengende Arbeit besser bezahlt wird. Vom Arbeitgeber fordert sie mehr Verständnis für typische Situationen der Frauen wie Kinderbetreuung oder Schwangerschaft. Momentan ist die 28-Jährige im sechsten Monat schwanger und krankgeschrieben. Sie ist finanziell von ihrem Freund abhängig. Das macht ihr zu schaffen. Ihr ist wichtig festzuhalten: «Putzfrauen haben Rechte wie alle anderen auch – und dürfen diese auch einfordern.» Domingues dos Santos tut das. Trotz ihrer schwierigen Situation. Sie wird emotional, als sie anfügt: «Ich mache das auch für die anderen Frauen in der Reinigungsbranche, die nicht die Kraft oder die Möglichkeit haben, das zu tun.» Letztlich gehe es um Würde.
Neria Heil (26), Pflege
Es gab einen Satz, den Neria Heil immer wieder hörte: Zu diesem Beruf musst du geboren sein! Vorgesetzte sagten das, Berufsschullehrer, Mitarbeiter. Heil ist Fachperson Betreuung. Sie arbeitet in der Pflege – und ärgert sich über diese Aussage. Denn sie ziele nicht auf die Arbeit, sondern auf ihre Identität als Frau.
Mit Geduld, Ekeltoleranz, Mitgefühl und Freude am Putzen seien aber auch Frauen nicht geboren. Sie beispielsweise sei extrem ungeduldig und ekle sich vor Körperausscheidungen, habe aber gelernt, in einem professionellen Kontext geduldig zu sein und ihren Ekel zu überwinden. Bei Männern hingegen würden diese Fähigkeiten nicht als naturgegeben angeschaut. Arbeite ein Mann in der Pflege, müsse er sich diese Eigenschaften demzufolge aneignen. «Das ist dann eine Leistung und wird darum höher bewertet.» Hinzu komme, dass Pflege historisch gesehen Freiwilligenarbeit ist. Das wirke nach. Mehr Lohn zu fordern, sei noch heute fast «etwas Schmutziges» – schliesslich gehe es um kranke, behinderte oder alte Menschen.
Dabei ist die Arbeit hart, auch emotional. Ständig müssten die Bedürfnisse unterschiedlicher Personen priorisiert werden. Die Arbeitstage sind lang, Schichtarbeit Alltag. Es komme vor, dass 13 Tage am Stück gearbeitet werde. Das Privatleben leide. Heil fordert, dass die Probleme in der Pflege anerkannt werden. Dienen würde das allen, denn jeder ist darauf angewiesen. Es brauche ausserdem Transparenz bei den Löhnen und Beförderungskriterien.
Klar, die Probleme in der Pflege seien vielfältig, so Heil. «Der Faktor Geschlecht kann aber nicht ignoriert werden.» Sie fügt an: «Viele Pflegende lieben ihren Beruf. Die Arbeitsbedingungen aber bewegen sie zum Ausstieg.»
Sahar Richter (19), Kinderbetreuung
Fast alle in Sahar Richters Umfeld sind nach der Schule ins Gymi. Sie hat eine Lehre gemacht. Als Fachfrau Betreuung in einer Kita. Was sie oft zu hören bekam: So schön, bisschen mit Kindern spielen! Sie betonte deshalb immer, dass sie die Berufsmaturität mache. Heute ist sie stolz auf ihren Beruf. Sie weiss, wie wichtig er ist: «Kinderbetreuung ist auch Aufgabe der Gesellschaft, nicht nur Familiensache.» Zudem würden Kindern Werte fürs Leben vermittelt.
Der Wert in Geld dafür: 4200 Franken. Richter ist überzeugt, dass die tiefe Bezahlung daran liegt, dass hauptsächlich Frauen diesen Beruf ausüben. Die Gesellschaft denke: Frauen können ja sowieso mit Kindern umgehen. In einer Kita aber geht es für Mitarbeiterinnen nicht ums Spielen. Auf Kinder mit unterschiedlichem Alter einzugehen, ist eine grosse Herausforderung und braucht einiges an Fachwissen. «Ich kann meinen Ansprüchen nicht immer gerecht werden, weil wir oft zu wenige Mitarbeiterinnen sind.» Das liege auch daran, dass viele Kitas privatwirtschaftlich organisiert sind und rentieren müssen.
Richter wünscht sich deshalb einen Gesamtarbeitsvertrag. Darin müssten auch Praktika geregelt werden. Heute würden mehrere Praktikantinnen angestellt, die Lehrstelle bekommt nur eine. Der Grund: Ohne die Praktikantinnen kämen Kitas finanziell nicht über die Runden. Im Kanton Zürich ist vorgeschrieben, dass eine ausgebildete
Erzieherin bis zu sieben Kinder betreuen kann. Sind es mehr, muss eine weitere Person dabei sein – oft die günstige Praktikantin.
Nicht zuletzt brauche es bessere Qualitätskontrollen. Die Aufsichtsbehörde melde sich im Voraus an. Oft würde dann für diesen Tag mehr Personal aufgeboten oder gar in den Wochen zuvor die Arbeitspläne gefälscht. Für Richter ist klar: «So darf es nicht weitergehen!»
Arbeiten auch Sie in einem dieser Berufe, wie steht es um Ihre Bezahlung und Anerkennung? Was sollte sich Ihrer Meinung nach ändern? Schreiben Sie uns und erzählen Sie uns Ihre Geschichte!
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