Das Bundesgericht wies in einem langen, am Freitag veröffentlichten Urteil die Forderung des Minderjährigen zurück. Es war der Ansicht, dass die zwischen den Heimaufenthalten in Haftanstalten verbrachte Zeit nicht mit einer entschädigungsberechtigten Untersuchungshaft gleichgesetzt werden konnten.
Der Beschwerdeführer war im April 2020 wegen Diebstahls, Hausfriedensbruchs und Sachbeschädigung zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt worden. Das Jugendgericht des Kantons Bern hatte die Strafe ausgesetzt und die Unterbringung in einer offenen Einrichtung sowie eine ambulante Behandlung angeordnet.
Diese Massnahmen folgten auf eine bei der Verfahrenseröffnung im Jahr 2018 beschlossene vorsorgliche geschlossene Unterbringung und auf Gefängnisaufenthalte, die unter anderem aus Sicherheitsgründen angeordnet worden waren.
Im November 2020 stellte das Gericht fest, dass die Einweisungen und die Haft insgesamt 637 Tage gedauert hatten - also 427 Tage länger als die verhängte strafrechtliche Sanktion. Es entschied, dass diese nicht vollstreckt werden müsse, aber auch, dass der junge Mann keinen Anspruch auf eine Entschädigung habe. In der Folge forderte dieser vor dem Obergericht des Kantons vergeblich einen Betrag von 42'700 Franken ein.
Die Richter des Bundesgerichts erinnerten daran, dass die von der Jugendgerichtsbarkeit verhängten Schutzmassnahmen einen erzieherischen Zweck hätten und keine Sanktionen seien. In diesem Sinne seien sie von Freiheitsstrafen zu unterscheiden. Daraus folgt, dass eine Entschädigung nicht geschuldet ist, wenn ihre Dauer diejenige der ausgesetzten strafrechtlichen Sanktion übersteigt.
Die Strafkammer wies das vom Beschwerdeführer vorgebrachte Argument der provisorischen Haftzeiten zurück. Sie stellte fest, dass der Beschwerdeführer zwischen Oktober 2018 und April 2020 achtmal und bis zu seiner Entlassung im August 2020 noch dreimal verlegt werden musste. Diese Verlegungen wurden aufgrund des Verhaltens des Betroffenen angeordnet: Alkoholkonsum, Ausreissversuche, Brandstiftung, Sachbeschädigung, Beleidigungen und Drohungen gegenüber dem Personal.
Obwohl der junge Mann bereits mehrfach in Untersuchungsgefängnissen inhaftiert war, wurden die Aufenthalte so lange angeordnet, bis er einen Platz in einer geeigneten Erziehungseinrichtung gefunden hatte. Angesichts der Umstände erscheinen die insgesamt vier Monate Sicherheitshaft zwar lang, aber nicht übertrieben, stellt das Bundesgericht fest.
Vielleicht hätte die Jugendjustiz nach dem Scheitern des ersten Versuchs auf die Erziehungsmassnahme verzichten sollen, fragten sich die Richter. Gleichzeitig könne man ihr nicht vorwerfen, dass die Jugendjustiz dreimal versucht habe, den jungen Mann in einer geeigneten Einrichtung unterzubringen. (Urteil 6B_273/2021 vom 25. August 2022)
(SDA)