Andres Zaugg (66) wäre eigentlich ein freier Mann. Das Obergericht hatte den Brandstifter der Solothurner St.-Ursen-Kathedrale kürzlich aus der Verwahrung entlassen. Nur: Die Staatsanwaltschaft legte Beschwerde ein, der das Bundesgericht bis zu seinem definitiven Entscheid zustimmte. «Jetzt sitze ich in Sicherheitshaft», sagt Zaugg, als BLICK ihn im Untersuchungsgefängnis in Olten SO besucht. Für ihn unfassbar. Er klagt: «Ich habe nie jemanden verletzt!»
Zaugg legte 2009 ein selbstgebasteltes Metallteil auf eine Schiene. Vorwurf: Er habe einen Zug entgleisen lassen wollen. Der gelernte Elektriker sagt: «Ich nahm ein Teil, das einen 85 Tonnen schweren Zug nie entgleisen lassen kann.»
2010 stellte sich Zaugg mit einer Bombenattrappe in einen Zug. Vorwurf: Er habe die Passagiere erschreckt. Zaugg sagt: «Ich hatte doch nur Süssmost in der Bombenweste!»
Am 4. Januar 2011 legte Zaugg Feuer in der Kathedrale St. Ursen in Solothurn. Vorwurf: Er habe Menschen gefährdet. Auch da winkt er ab: «Ich habe geschaut, dass keine Leute da sind.» Und überhaupt: Der Schaden von 3,5 Millionen Franken sei Versicherungsbetrug.
In Haft arbeitet er an einem Buch
Zaugg kassierte 14 Monate. Nach Absitzen der Strafe gab es die Verwahrung. Zaugg soll psychisch krank und untherapierbar sein. Es bestehe Rückfallgefahr. «Stimmt nicht», sagt er. «Lasst mich doch wissenschaftlich untersuchen.» Zu seinen Aktionen sagt Zaugg nur: «Ich wollte demonstrieren, wie gross Gefahr und Unberechenbarkeit von Frustrierten sein können.» Es sei religiöser Fundamentalismus, der zu Gewalt führe. «Ich wollte die liberale Gesellschaft darauf aufmerksam machen. Aber die Aufklärung verliert gegen die Macht der Religionen.» Zaugg glaubt, dass er freikommt. «Spätestens vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Ich bin kein Verwahrungsfall.»
Die Haft nimmt er gelassen, trotz 23 Stunden in einer Einzelzelle und nur einer Stunde im Spazierhof. «Ich arbeite an Kunstwerken, habe ein Buch geschrieben.» Es liegt bereit: in 15 Bundesordnern. Der Titel: «Tolerant im Käfig». Einzig ein Verlag fehlt noch.
Was würde Zaugg in Freiheit tun? «Einen schönen Ausflug!» Würde er auch Kuno W.* (53) in U-Haft besuchen? Sein Kumpel hatte Zauggs Obergerichtsprozess platzen lassen, indem er den Richter biss, einen Gerichtsschreiber schlug. «Wir schreiben einander», sagt Zaugg nur. Und zur Tat? «Wir hatten abgemacht, dass nie Blut fliesst.»
Der Staatsanwalt befürchtet, auch Zaugg könnte Menschen verletzen oder gar töten. «Das tue ich nicht», sagt er. Befürchtet er, bis ans Lebensende im Knast zu bleiben? «Ich habe keine Angst vor dem Tod. Der spielt erst eine Rolle, wenn das Leben keine mehr spielt. Meines tut es noch.»
* Name der Redaktion bekannt