Mitte Sommer schlugen die Ermittler zu. Am 8. Juli, frühmorgens, stürmten mehr als 200 Polizisten Wohnungen und Geschäftsräume von zwölf Rechtsextremen in Deutschland und Österreich. Sie stiessen auf Nazi-Propaganda – und auf Waffen: Pistolen, Pumpguns, Munition.
«Das ist sehr ernst zu nehmen», erklärte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) an einer Medienkonferenz kurz nach der Razzia. Sein Bundesland hatte den Zugriff koordiniert.
Die Waffen stammen allesamt aus illegalen Lieferungen aus Kroatien. Doch von wem? Wer hatte die Rechtsextremen im grossen Stil mit Schmuggelware vom Balkan ausgerüstet? Das wurde wenige Tage nach der länderübergreifenden Polizeiaktion klar, als Spezialeinheiten in einer kroatischen Hafenstadt den mutmasslichen Waffenschieber verhafteten: Alexander R.* (48).
Recherchen von SonntagsBlick zeigen: Der festgenommene Deutsche wohnte und geschäftete in der Schweiz. Er besitzt eine Wohnung in Buchs SG und ist als Geschäftsführer einer Schwyzer Firma eingetragen. Diese berät laut eigenen Angaben Kunden in den Bereichen «Zollabwicklungen und Aussenhandel».
Handy überwacht
Die Fahnder hatten R. seit Jahren im Visier, seine Schweizer Handynummer wurde überwacht. Auf Ersuchen von Deutschland halfen sowohl die Bundesanwaltschaft als auch die Berner Justiz bei den Ermittlungen. Beide Behörden bestätigen das. Details nennen sie nicht, die Staatsanwaltschaft des Kantons Bern schreibt auf Anfrage einzig: «Ein im August 2019 gestelltes Rechtshilfegesuch betraf Abklärungen zu verschiedenen Konten des Beschuldigten.»
Dass Alexander R.s Abnehmer in Deutschland und Österreich beinahe alle aus der rechtsextremen Szene stammen, ist kaum Zufall. Er selbst war über Jahre hinweg in der Neonazi-Szene aktiv. 2009 kümmerte er sich in der von der NPD getragenen «Bürgerinitiative Ausländerstopp» um die Medienarbeit. Später trat er in die AfD ein. Fotos zeigen ihn im Juni 2016 in Deggendorf (D) bei einem Auftritt von Björn Höcke. R. steht nah beim Thüringer AfD-Landeschef.
2018 stieg der mutmassliche Waffenschieber bei der Schwyzer Beraterfirma für Zollabwicklung und Aussenhandel ein. Im gleichen Jahr geriet er wohl auch ins Visier der Sicherheitsbehörden. Just zu jener Zeit sprengten die EU-Strafverfolger von Europol in Kroatien ein kriminelles Netzwerk, das ausrangierte Waffen aus dem Balkankrieg nach Westeuropa schmuggelte.
Die kroatische Polizei durchsuchte 26 Häuser und verhaftete 17 Verdächtige. Und schon damals führten Spuren in die Schweiz. Neben Kalaschnikows, Pistolen, Handgranaten und einem Raketenwerfer beschlagnahmten die Ermittler auch Schweizer Bargeld im Wert von 15'100 Franken. Tausender- und Hunderternoten, zu Bündeln geschnürt. Mehr noch: Bei der koordinierten Operation wurden auch hierzulande zwei Häuser durchsucht und eine Person festgenommen.
Waffen für die AfD?
Mit der Verhaftung von Alexander R. im vergangenen Sommer ist es der Polizei nun wohl gelungen, den wichtigsten mutmasslichen Zwischenhändler auszuschalten. Noch ist nicht geklärt, ob es R. nur ums Geld ging oder ob er gezielt die rechtsextreme Szene aufrüsten wollte.
Journalisten der ZDF-Sendung «Frontal 21» hatten Einsicht in kroatische Ermittlungsakten. Der Inhalt ist brisant – und legt einen ungeheuren Verdacht nahe. In einem von Vernehmern zusammengefassten Geständnis eines Verdächtigen steht laut ZDF geschrieben: «Alexander R. habe in seiner Werkstatt in Deutschland Waffen in einen PKW Golf gepackt, einige Kalaschnikows, einige Pumpguns.» Und: «Die Waffen, die er (von Kroatien, die Red.) nach Deutschland fuhr, seien für die AfD, eine rechte Partei, vorgesehen gewesen.»
Kroatische Knarren für Kameraden? Die AfD weist die Vorwürfe weit von sich. In einem Schreiben räumt die Partei zwar ein, dass der mutmassliche Waffenschieber 2016 in die AfD eingetreten war. Seine angeblichen Handlungen seien der AfD jedoch nicht bekannt gewesen. Der Mann schulde der Partei zudem «viele Hundert Euro an nicht gezahlten Beiträgen», er sei «über seine E-Mail-Adresse und auch seine Postadresse seit Jahren nicht erreichbar gewesen.» Mittlerweile laufe gegen R. ein Parteiausschlussverfahren.
Der Anwalt des Beschuldigten bestreitet die Vorwürfe gegen seinen Mandanten ebenfalls. R. habe weder illegal Waffen besessen noch damit gehandelt. Ausserdem sei er inzwischen aus der rechtsextremen Szene ausgestiegen.
Für die Staatsanwaltschaft München gilt der 48-Jährige hingegen nach wie vor als Hauptverdächtiger. Ihm werden Verstösse gegen das Kriegswaffenkontroll- sowie das Waffengesetz zur Last gelegt. Ein extremistischer Hintergrund könne nicht ausgeschlossen werden. Es geht also wohl um mehr als nur um illegale Geschäfte.
Neonazi-Szene bewaffnet sich
Der Fall um Alexander R. zeigt einmal mehr, wie Neonazis und Reichsbürger in Deutschland versuchen, sich zu bewaffnen. Man kommt gar nicht mehr nach: Alleine in den letzten Monaten sprengten Ermittler mehrere Netzwerke, die Rechtsextreme mit Waffen versorgt haben.
Zuletzt hob die österreichische Polizei eine Bande aus, die laut Sicherheitsbehörden eine «rechtsradikale Miliz» in Deutschland aufbauen wollte. Der österreichische Innenminister Karl Nehammer teilte an einer kurzfristig einberufenen Medienkonferenz Mitte Dezember mit, dass der Polizei in Niederösterreich einer der «grössten Waffenfunde der letzten Jahrzehnte» gelungen sei.
Das Ausmass war enorm: Die Beamten stiessen auf eine Lagerhalle und Container voll mit Waffen und Sprengstoff. Mehr als 70 Maschinenpistolen und Sturmgewehre sowie 100 000 Schuss Munition. Beschafft haben soll die Waffen Peter B.* (53), ein mehrfach verurteilter Neonazi aus Österreich.
Trotz Bemühen der Behörden – die Militarisierung des rechtsextremen Milieus schreitet voran. Und sie und endet immer öfter tödlich. Bei Anschlägen von rechtsradikalen Terroristen wurden in den letzten Jahren in Deutschland zahlreiche Menschen ermordet.
* Namen der Redaktion bekannt
Beim Blick Live Quiz spielst du dienstags und donnerstags (ab 19.30 Uhr) um bis zu 1'000 Franken aus dem Jackpot. Mitmachen ist ganz einfach. Du brauchst dazu lediglich ein iPhone oder ein Android-Handy.
- Suche im App-Store (für iOS) oder im Google Play Store (für Android) nach «Blick Live Quiz».
- Lade die «Blick Live Quiz»-App kostenlos runter und registriere dich.
- Wichtig: Aktiviere die Pushnachrichten, sodass du keine Sendung verpasst.
- Jetzt kannst du dein Wissen mit anderen Usern und Userinnen messen.
Beim Blick Live Quiz spielst du dienstags und donnerstags (ab 19.30 Uhr) um bis zu 1'000 Franken aus dem Jackpot. Mitmachen ist ganz einfach. Du brauchst dazu lediglich ein iPhone oder ein Android-Handy.
- Suche im App-Store (für iOS) oder im Google Play Store (für Android) nach «Blick Live Quiz».
- Lade die «Blick Live Quiz»-App kostenlos runter und registriere dich.
- Wichtig: Aktiviere die Pushnachrichten, sodass du keine Sendung verpasst.
- Jetzt kannst du dein Wissen mit anderen Usern und Userinnen messen.