Die Schweiz steuert auf einen Pflegenotstand zu. In einigen Jahren fehlt es Alters- und Pflegeheimen an Personal, das Senioren betreut. Für Peter Keller vom Verband Berner Pflege- und Betreuungszentren (VBB) sieht die Zukunft trotzdem rosig aus. Er glaubt, dass Roboter in diese Lücke springen werden.
Keller: «Wenn irgendwann ein solches Ding daherkommt und sagt: ‹Guten Tag. Wie geht es Ihnen heute? Möchten Sie einen Kaffee?›, dann ist das lustig und wird die Bewohner begeistern. Diese Entwicklung wird schneller gehen, als man denkt!»
Dafür hat Keller in Leserbriefspalten verbale Prügel kassieren müssen – seine schöne neue Welt ist für viele Senioren ein wahres Albtraum-Szenario.
«Eine grässliche Vorstellung»
Anita Baumgartner (49) ist seit Jahrzehnten in der Pflege tätig und heute Stützpunktleiterin der Spitex Region Bielersee. Sie bringt es auf den Punkt: «Das ist eine absolut grässliche Vorstellung. An Robotern wird doch nur geforscht, um künftig Geld sparen zu können. Doch die menschliche Pflege ist nicht ersetzbar!», sagt sie.
Sie warnt eindringlich vor Robotern in der Pflege. «Die Senioren vereinsamen ohne menschlichen Kontakt», sagt sie. Darum ist Baumgartner nicht nur gegenüber Robotern skeptisch eingestellt. Auch Assistenzsysteme, die etwa im Living Lab in Biel BE unter Michael Lehmann (46) entwickelt werden, hält Baumgartner für gefährlich.
Matratzen, die in Echtzeit die Liegeposition von Senioren aufzeichnen oder Fussböden, die registrieren, wenn ein Heimbewohner stürzt: Daran tüftelt Lehmann mit seinen Studenten. Das Ziel: mit solchen Tools Pfleger entlasten. Das dürfte den sich abzeichnenden Personalmangel entschärfen.
Ein Problem mit dem Datenschutz?
Pflege-Expertin Baumgartner wittert darin eine grosse Gefahr: «Können Senioren dank Sensoren aus der Distanz überwacht und gepflegt werden, stirbt der persönliche Kontakt in solchen Heimen aus.»
Zudem sieht sie den Datenschutz in Gefahr. «Wenn Sensoren etwa die Liegeposition der Senioren aufzeichnen, ist das aus meiner Sicht schon ein herber Eingriff in die persönliche Freiheit eines Heimbewohners.»
Roboter-Visionär Peter Keller wird auch aus den eigenen Reihen harsch angegangen. Während der Geschäftsführer des Berner Pflegeverbandes behauptet, seine Mutter hätte Freude an Robo-Pflegern gehabt, winkt man bei Curaviva, dem Dachverband der Schweizer Pflege, energisch ab.
Menschlicher Kontakt ist unersetzbar
«Roboter werden Menschen in der Pflege nie ersetzen können», sagt Curaviva-Geschäftsleitungsmitglied Markus Leser (60) zu BLICK. «Das ist unvorstellbar, und ich glaube nicht, dass das bei älteren Menschen je auf Akzeptanz stossen wird.»
Am Ende sei der menschliche Kontakt in der Pflege unersetzbar. «Eine Maschine kann nie leisten, was menschliche Wärme in Pflegesituationen zu leisten vermag», weiss Leser.
Mehr hält er von der Forschung der Berner Fachhochschule um Michael Lehmann im Living Lab. «Die Hoffnung ist gross, dass neue Geräte Arbeiten erledigen können, für die es heute noch den Menschen braucht», sagt Leser. Gerade dann bleibe in Zukunft mehr Zeit für den persönlichen Kontakt zwischen Senioren und Pflegern.
Eine typische Situation im Living Lab: Michael Lehmann führt einen Roboter vor, der einem Senior in seiner Wohnung folgen soll. Der Roboter ist sozusagen ein Bild-Telefon auf Rädern. Doch: Telefonieren geht nicht, der Roboter kann keine Internetverbindung herstellen. Und dann ist auch schon die Batterie leer. Alltagsprobleme im Umgang mit solchen Geräten.
Gerade das Thema Akku ist ungelöst. Grössere Roboter fressen viel zu viel Energie und stehen jeweils nur wenige Minuten im Dienst. An einen Einsatz in einem Pflegeheim ist nicht zu denken.
Pascal Kaufmann, Gründer der Firma Starmind, räumt denn auch ein: «Selbst die teuersten Roboter-Prototypen bringen kaum etwas im ersten Anlauf auf die Reihe.» Roboter seien gut für eine in sich abgeschlossene Aufgabe wie etwa Heben und Senken. Aber: «Komplexere mechanische Kombinationen überfordern die Geräte sofort.»
Eine typische Situation im Living Lab: Michael Lehmann führt einen Roboter vor, der einem Senior in seiner Wohnung folgen soll. Der Roboter ist sozusagen ein Bild-Telefon auf Rädern. Doch: Telefonieren geht nicht, der Roboter kann keine Internetverbindung herstellen. Und dann ist auch schon die Batterie leer. Alltagsprobleme im Umgang mit solchen Geräten.
Gerade das Thema Akku ist ungelöst. Grössere Roboter fressen viel zu viel Energie und stehen jeweils nur wenige Minuten im Dienst. An einen Einsatz in einem Pflegeheim ist nicht zu denken.
Pascal Kaufmann, Gründer der Firma Starmind, räumt denn auch ein: «Selbst die teuersten Roboter-Prototypen bringen kaum etwas im ersten Anlauf auf die Reihe.» Roboter seien gut für eine in sich abgeschlossene Aufgabe wie etwa Heben und Senken. Aber: «Komplexere mechanische Kombinationen überfordern die Geräte sofort.»