Spitalverband warnt Patienten
Diabetiker traute sich wegen Corona-Angst nicht ins Spital – Fuss amputiert!

Aus Angst sich im Spital mit dem Coronavirus zu infizieren, sind Patienten nicht zum Arzt gegangen – mit fatalen Folgen. Einem Diabetiker musste darum sogar der Fuss amputiert werden.
Publiziert: 15.04.2020 um 18:30 Uhr
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Anne-Geneviève Bütikofer, Direktorin des Schweizer Spitalverbands H+, ruft chronisch Kranke dazu auf, die für sie notwendigen regelmässigen medizinischen Behandlungen und Kontrollen auf keinen Fall zu unterbrechen.
Foto: zVg
Dominique Rais

Die Schweizer Spitäler sind derzeit fast nur noch mit Corona-Kranken belegt. Bis auf die Pflegefachleute und Ärzte traut sich deswegen kaum jemand mehr rein: Corona-Angst! Für Patienten mit einem kleinen Wehwehchen ist das nicht weiter tragisch. Für Menschen mit chronischen Erkrankungen hingegen kann es lebensbedrohlich sein.

Denn aus Angst vor einer Infektion mit dem Coronavirus verschieben derzeit viele Patienten ihren Spitalbesuch. Der Schweizer Spitalverband H+ warnt nun in einem Schreiben vor den Folgeschäden.

Fuss-Amputation wegen Corona-Angst

Der Verband bestätigt BLICK einen Fall eines Diabetes-Patienten: Ihm musste der Fuss amputiert werden, weil die notwendige Insulindosis vom Arzt nicht rechtzeitig angepasst werden konnte!

Auch in anderen Fällen mussten bei Patienten Gliedmassen amputiert werden, weil die Betroffenen die Dringlichkeit, sich in ärztliche Behandlung zu begeben, erst zu spät erkannt hatten.

Der Verband Fragile Suisse für Menschen mit einer Hirnverletzung hat Anfang April alarmierende Zahlen bekannt gegeben. Die Behandlungen von Schlaganfällen seien massiv zurückgegangen – was auf die erhöhte Angst vor Corona-Infektionen im Spital zurückzuführen sei.

Spitalverband fordert Berset auf, Behandlungs-Verbot aufzuheben

BLICK-Recherchen zeigen: Um derartig gravierende und irreversible Schäden bei Patienten einzudämmen, hat der Spitalverband Bundesrat Alain Berset darum in einem Schreiben aufgefordert «das Verbot von nicht dringlichen Behandlungen ganz oder gestaffelt aufzuheben», wie H+-Direktorin Anne-Geneviève Bütikofer zu BLICK sagt.

Es geht laut Bütikofer darum, die volle Grundversorgung wieder zu gewährleisten. Gegenwärtig aber sind Spitälern und Ärzten aufgrund der Corona-Pandemie die Behandlungen und Therapien nicht dringlicher Fälle untersagt, um Ressourcen und zusätzliche Bettenkapazität für Corona-Patienten zu schaffen.

Nicht-Corona-Patienten, die sich wegen einer chronischen Erkrankung – etwa Krebs, Herzleiden oder Diabetes – in Behandlung befinden, gelten auch in Zeiten von Corona nach wie vor als dringliche Fälle und sind als solche zu behandeln.

Spitalverband richtet Appell an chronisch Kranke

Der Spitalverband H+ richtet sich in einem dringlichen Appell an chronisch Kranke und ruft sie dazu auf, die für sie notwendigen regelmässigen medizinischen Behandlungen und Kontrollen auf keinen Fall zu unterbrechen, um gravierende Verschlechterungen des Gesundheitszustandes und irreversible Schäden zu vermeiden.

«Das gilt auch für Risikopersonen, die plötzliche auftretende Erkrankungen oder Symptome haben. Auch sie sollen ebenfalls rasch in ambulanten Zentren der Spitäler oder in Arztpraxen melden», sagt Direktorin Bütikofer.

Laut einem Insider aus dem Gesundheitssektor sei die angestrebte Bettenkapazität mittlerweile erreicht – und nicht nur das: «Wegen des Rückgangs von ambulanten und stationären Nicht-Corona-Behandlungen stehen in der Deutschschweiz 50 bis 80 Prozent der Spitalbetten leer.» Eine Ausnahme sei dabei der Tessin. Dort seien 95 Prozent der Spitalbetten nach wie vor ausgelastet.

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