Zwei russische Spione sind im Frühjahr auf dem Weg zum Labor Spiez in den Niederlanden festgenommen und zurückgeschickt worden. Gegen die beiden Spione läuft zudem ein Verfahren wegen einer Cyberattacke auf die Welt-Anti-Doping-Agentur Wada.
Den beiden wird vorgeworfen, dass sie das Labor Spiez auskundschaften wollten. Die vom Bund betriebene Einrichtung war an Analysen im Fall des vergifteten Agenten Sergej Skripal beteiligt. Über den Fall hatten der «Tages-Anzeiger» und die niederländische Zeitung «NRC Handelsblad» am Donnerstagabend berichtet.
Nachrichtendienst nahm an Operation teil
Der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) bestätigte gegenüber Keystone-SDA, er sei auf dem Laufenden, was die Festnahme in den Niederlanden und die Wegweisung der beiden Spione betreffe. Der NDB habe mit seinem niederländischen und britischen Partnern «aktiv an dieser Operation teilgenommen». Dadurch habe man zur Verhinderung illegaler Aktionen gegen eine kritische Schweizer Infrastruktur beigetragen.
Der Kommunikationschef des Labors Spiez, Andreas Bucher, kommentierte die Informationen des NDB nicht. Bestätigen könne er aber, dass das Labor Spiez Ziel von Hackerangriffen war. Dafür sei man gewappnet. Daten seien keine abgeflossen.
Ausrüstung, um Labore zu hacken
Laut «NRC Handelsblad» verfügten die beiden Spione über die Ausrüstung, um in das Computernetzwerk des Labors eindringen zu können. In Den Haag befindet sich der Sitz der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OCPW), das sich intensiv mit den Ereignissen in Syrien und Salisbury beschäftigte. Eines der wichtigsten Referenzlabore ist Spiez.
Moskau hat bereits mehrfach alle Anschuldigungen zurückgewiesen, dass russische Spione für die Vergiftung von Skripal und dessen Tochter in Salisbury verantwortlich seien. Darüber hinaus streitet Russland ab, dass die syrische Armee Chemiewaffen eingesetzt hat. Moskau unterstützt in dem Bürgerkrieg die syrische Regierung.
EDA stellt russischen Botschafter zur Rede
Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) berief den russischen Botschafter in Bern ein, um gegen den Angriffsversuch der beiden russischen Spione zu protestieren.
Das EDA «verlangte von Russland, sofort seine Spionageaktivitäten auf Schweizer Territorium zu stoppen». Die Kontrollen der Akkreditierung von Diplomaten seien ausserdem verstärkt worden. Damit bestätigte das EDA auf Anfrage von Keystone-SDA eine Meldung von RTS.
«Versuch, die russlandfeindliche Stimmung anzuheizen»
Die russische Botschaft wies auf Facebook die Schweizer Vorwürfe zurück. «Wir erachten derartige Interventionen schlichtweg als absurd, sie können als nichts anderes bezeichnet werden als ein neuer Versuch, die russlandfeindliche Stimmung anzuheizen.»
Die beiden Spione sind zudem in einen weiteren Fall verwickelt. Die Bundesanwaltschaft bestätigte Medienberichte, wonach sie im März 2017 gegen die beiden ein Strafverfahren eröffnet hat - wegen einer Cyberattacke auf die Welt-Anti-Doping-Agentur Wada, die ihren Europa-Sitz in Lausanne hat. Dabei geht es um den Verdacht des politischen Nachrichtendienste.
Jeder Vierte russische Diplomat ist ein Agent
Dass sich unter ausländischen Diplomaten Spione befinden, ist ein offenes Geheimnis. Der Bundesrat schrieb im März in seinem Geschäftsbericht 2017, es lasse sich eine erhebliche Zahl von «Nachrichtendienstoffizieren unter diplomatischer Tarnung» feststellen. Bei einem Staat bestehe «der begründete Verdacht, dass mehr als ein Viertel des diplomatischen Personals nachrichtendienstlich tätig ist».
Um welchen Staat es sich dabei handelt, wird nicht erwähnt. Auch der Verteidigungsminister wollte den Staat nicht nennen. Laut «Sonntagszeitung» und «Le Matin Dimanche» soll es sich um Russland handeln. Der NDB wollte dies auf Anfrage von Keystone-SDA nicht kommentieren.
Der Präsident der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrats, Werner Salzmann (SVP/BE), zeigte sich gegenüber der SRF-«Tagesschau» am Sonntagabend «überrascht über das Ausmass dieser Spionagetätigkeit der Russen in der Schweiz». Er kündigte an, dass sich die Kommission vom NDB und von der Bundesanwaltschaft darüber informieren lassen wolle. (SDA/szm)