Als Andreas Luft 2008 von Tübingen (D) in die Schweiz kam, machte er eine interessante Entdeckung: «Schweizer Patienten sind dankbarer als deutsche.» Der Neurologe und Forscher ist mit 43 einer der jüngsten Professoren am Universitätsspital Zürich. Viermal pro Woche fährt er von dort nach Vitznau LU am Vierwaldstättersee, um seine Patienten in der Rehabilitationsklinik Cereneo zu besuchen. Er leitet neben dem Schlaganfallzentrum in Zürich auch diese Klinik.
Die Stiftung P&K Pühringer hatte es ihm ermöglicht, in einem Teil des eleganten Park Hotel eine klinische Rehabilitationsforschung aufzubauen, erzählt mir der Mediziner auf der Fahrt von Zürich nach Vitznau. Auch sein Lehrstuhl für Vaskuläre Neurologie und Rehabilitation an der Universität Zürich sei dank der privaten Geldgeber für die nächsten zehn Jahre gesichert.
Wer denkt, Schlaganfälle würden nur ältere Menschen treffen, der irrt: Das Risiko, in jungen Jahren einen Hirnschlag zu erleiden, hat zugenommen. Sogar Babys kann es treffen! «Etwa zehn Fälle pro Jahr werden im Kinderspital behandelt», erklärt Luft unterwegs. «Bei jungen Menschen denkt man aber leider oft zu spät an einen Schlaganfall.»
Wie man einen Schlaganfall erkennen könne, will ich vom Experten wissen. Er sei besonders heimtückisch, sagt Luft, weil der Schmerz fehle. Die Symptome werden von den Betroffenen oft als Unwohlsein abgetan. «Man legt sich eine Weile hin und dann ist es zu spät», warnt Andreas Luft. Wenn Symptome wie Schwindel, Sprach- oder Sehstörungen auftreten, sei der Schlaganfall noch nicht vollständig. Und so ist die erste Phase eines Schlaganfalls ein Wettlauf gegen die Zeit: «Die Ärzte haben knapp vier Stunden Zeit, um zu versuchen, die Hirnverletzung möglichst gering zu halten oder sogar rückgängig zu machen.»
Das ist aber nur in speziell ausgerüsteten Spitälern möglich und nur, wenn rechtzeitig erkannt wird, was los ist. «Seine» Schlaganfallpatienten würden nach der Akutphase im Spital zur Rehabilitation nach Vitznau gebracht, um nach neusten Erkenntnissen der Forschung intensiv behandelt zu werden. Hauptsächlich geht es darum, sich wieder Unabhängigkeit im Alltag anzutrainieren. Andreas Luft entwickelt zusammen mit Forschern der ETH Geräte, welche die Feinmotorik trainieren und die Behandlungserfolge messen. Man hat festgestellt, dass dieses Messen der Fortschritte einen positiven Effekt auf den Heilungsprozess hat. Es ist eine Art Belohnung fürs Gehirn. «Die Motivation ist für die Erholung des Patienten entscheidend», erklärt Luft.
Es könnten langfristig Pflegekosten und Berufsausfallskosten gespart werden, wenn die Patienten in den ersten Monaten nach dem Schlaganfall intensiver behandelt würden. «Die Mittel der Krankenkassen werden nicht intensiv genug eingesetzt. Man nützt das Potenzial nicht aus.»
Genau dies sei sein Forschungsziel: «Es wird mein Lebenswerk sein nachzuweisen, dass Rehabilitation, wie wir sie betreiben, nützt und die Lebensqualität verbessert!»