Sonntags-Fahrt mit Prinz Michael von Liechtenstein
Seine Grossmama war die Kaiserin

Astrid von Stockars Gast auf der heutigen Sonntags-Fahrt ist ein Kavalier der alten Schule. Prinz Michael von Liechtenstein spricht über seine Grossmutter, Kaiserin Zita, Umgangsformen und Traditionen.
Publiziert: 09.08.2015 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 07.10.2018 um 13:22 Uhr
Von Astrid von Stockar

Prinz Michael von Liechtensteins Ahnentafel liest sich wie das Who is who der europäischen Hocharistokratie. Er ist ein Cousin von Hans-Adam II., dem Fürsten von Liechtenstein. Sein Grossvater mütterlicherseits war Karl I., der letzte Kaiser von Österreich. An seine Grossmutter, Kaiserin Zita, eine geborene Prinzessin von Parma, kann er sich bestens erinnern. Sie starb 1989 mit 97 Jahren in Zizers GR. «Eine unglaublich disziplinierte, gütige Frau – und sehr durch den christlichen Glauben geprägt», meint Prinz Michael (63) auf der SonntagsFahrt von seinem Zürcher Büro an eine Sitzung im Hotel Zürichberg.

«Diese Disziplin half ihr sicher, die schwierigen Zeiten als Staatenlose zu meistern und alleine acht Kinder im Exil grosszuziehen.» Sie hat nie mit ihrem Schicksal gehadert und fühlte sich auch im Exil allen Ländern des ehemaligen Habsburgischen Reiches verbunden. Ihr Pflichtbewusstsein und die Fähigkeit, stets Neues aufzubauen, hat sich bei Prinz Michael tief eingeprägt. Er arbeitete für grosse multinationale Unternehmen und gründete nach seiner Rückkehr ins Fürstentum Liechtenstein ein Finanzinstitut, das auf Stiftungen und Trusts für vermögende Privatkunden spezialisiert ist. Über die Jahre hat er ein weltweites Netzwerk aufgebaut, das er jetzt für einen neu gegründeten Informationsdienst nutzt: den Geopolitical Information Service (GIS). Dieses Netzwerk besteht aus ehemaligen Regierungsvertretern, ranghohen Militärs und Professoren, die Fakten und Analysen liefern, Hintergrundberichte schreiben und Zukunftsszenarien erarbeiten.

GIS berät global tätige Unternehmen und publiziert Berichte, die man auf dessen Website abonnieren kann. «Wir wollen die Welt nicht verbessern, indem wir sagen, wie es sein sollte, sondern wir beschreiben, wie es sein könnte», erzählt ein vergnügter Prinz Michael.

Er kümmert sich intensiv um dieses neue Projekt und reist auf der Suche nach Experten um die halbe Welt. Seitdem wir uns vor vielen Jahren an einem Fest kennenlernten, treffen wir uns regelmässig, um über «Gott und die halbe Welt» zu sprechen. Auf der Fahrt ist die aktuelle Europapolitik ein Thema. Die wahren Probleme Europas sieht Prinz Michael nicht in der Griechenland-Tragödie, sondern in der Unsicherheit durch den Konflikt im Osten und die Flüchtlingsfrage im Süden.

«Europa wird nicht darum herumkommen, eine eigene schlagkräftige Verteidigung aufzubauen. Nur so wird Ruhe im Osten einkehren», meint er bestimmt. Auch Krieg sei leider in Europa nicht ausgeschlossen. «Wenn wie in der Ostukraine mit den Muskeln gespielt wird, kann auch ein Unfall passieren, der eskaliert», meint er besorgt.

Kriege haben in Prinz Michaels Familie Narben hinterlassen. Die Grosseltern Habsburg verloren alles im Ersten Weltkrieg und starben als Staatenlose im Exil. Auch die Liechtensteins sind über die Jahrhunderte immer wieder durch Kriege enteignet worden. Seine Familie habe sich immer wieder aufgerafft, weil das «Leistungsprinzip» und nicht das «Versorgungsprinzip» galt, sagt Prinz Michael. Das gilt auch für seine beiden erwachsenen Töchter: Sie warten nicht auf den Prinzen, der sie auf Händen durchs Leben trägt, sondern meistern ihr Leben selbst. Beide schlossen erfolgreich ihre Studien ab und haben gute Jobs. War es ein Thema, dass er keinen Stammhalter hat? «Es gibt genügend andere, die den Namen weitertragen – und für einen Vater sind Töchter einfach ganz wunderbar», meint er strahlend.

Prinz Michael über die korrekte Anrede: «Das Formellste ist ‹Durchlaucht›, in Liechtenstein sagen die meisten aber einfach ‹Prinz Michael›.»

Umgangsformen: «Es ist egal, ob man Sie oder Du sagt. Wichtig ist, dass es mit einem gewissen Respekt geschieht.»

Traditionen: «Wenn Traditionen Sinn machen, ist es falsch, sich über sie hinwegzusetzen. Aber man darf aus Traditionen keinen Kult machen.»

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