Sommerzeit ist Ferienzeit
Wie wir zu unseren Ferien kamen

Ob Strandurlaub in Spanien, Camping in Italien oder Wandern in den Bergen: Sommerzeit ist Ferienzeit. Dank gesetzlich geregeltem Urlaubsanspruch selbstverständlich. Aber was heute so normal ist, war früher absoluter Luxus.
Publiziert: 23.07.2015 um 20:51 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 03:58 Uhr
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Bella Italia in den 60ern: Das Land ist bis heute eine Lieblingsdestination vieler Schweizer.
Foto: Slim Aarons
Von Jessica von Duehren

Das Fest des süssen Nichtstuns – so lautet die lateinische Übersetzung des Begriffs feriae, – existiert erst seit dem 19. Jahrhundert; damals kam der Urlaub auf die Welt. Allerdings nur für Privilegierte: «Der typische Tourist des 19. Jahrhunderts hatte Geld, Zeit, und er war Engländer», sagt Professor ­Hasso Spode, Leiter des historischen Archivs zum Tourismus an der Technischen Universität Berlin, der «Bild am Sonntag».

Organisiert hat die ersten Reisen der Engländer Thomas Cook. 1841 bot der Tourismus-Papst die erste Pauschalreise an. Die Route war überschaubar. Für 570 Mitglieder eines englischen Abstinenzlervereins ging es über zwölf Meilen von Leicester nach Liverpool.

Einer zumindest war bereits vor den Engländern im Urlaub. Mit seinem Reisebericht «Italienische Reise», in dem er seinen Italienaufenthalt zwischen 1776 und 1778 beschreibt, ging der deutsche Dichter Johann Wolfgang von Goethe in die Geschichte des Urlaubs ein.

1879 kamen dann auch die ersten Schweizer in den Genuss eines gesetzlich geregelten Urlaubs. Es waren Beamte im Solde des Staates. Damals erliess der Bund die erste «ferienrechtliche Bestimmung». Ziemlich lang konnten sich die Mitarbeiter der Verwaltung sowie der städtischen Gas-, Wasser- und Elektrizitätswerke erholen: Je nach Dienst- und Lebensalter standen ihnen maximal 18 Urlaubstage zu. Auf das gleiche  Privileg mussten Angestellte in der Privatwirtschaft noch rund drei Jahrzehnte länger warten. 1910 forderte der Arbeiterschutz eine gesetzliche Regelung für alle Schweizer – erst 1966 erfolgte mit dem Inkrafttreten des Arbeitsgesetzes die Verankerung auf Bundesebene.

Die Ferien, die man bekam, wurden aber genutzt: Anfang des 20. Jahrhunderts eroberte die in Berlin gegründete Bewegung der Wandervögel die Berge, Strände füllten sich mit Badebegeisterten und Anfang der 1930er-Jahre kutschierte die  Swissair mit der amerikanischen Douglas DC-1 betuchte Touristen durch die Lüfte. Ein Dutzend Passagiere genossen das Fliegen, oftmals noch mit einer Zigarette in der Hand. Besonders weit kamen sie mit der Propellermaschine aber nicht: Die Reichweite lag bei gerade mal 1600 Kilometern.

In den Fünfzigern, als sich mit dem Automobil die individuelle Motorisierung zunehmend demokratisierte, hiess es: Rein in den Volkswagen und ab ans Meer! Egal, ob Mittelmeer oder Ost- und Nordsee: Camping an der Küste war beliebter denn je. Die Reichen und Schönen machten derweil Urlaub an der mondänen Côte d’Azur.

Irgendwann reichte dieser europäische Radius den sonnenhungrigen Strandurlaubern nicht mehr. War in den 1970er-Jahren der Flug nach Übersee noch ein reichlich kostspieliges Unterfangen, gönnt sich heute auch die breite Masse einen Interkontinentalflug. Und als Mitte der 1990er-Jahre Billig-Fluglinien wie Easyjet aufkamen, wurde das schnellste Verkehrsmittel der Welt endgültig zum Ferienvehikel für jedermann.

(Fast) alle machen Ferien: Rund 80 Prozent, schreibt der TCS, sind im Sommerurlaub reisend unterwegs. Das Motto: Hauptsache raus – aber nicht zu weit. Die beliebtesten Reiseziele sind die direkten Nachbarländer, etwa Frankreich und Italien. Aber auch das eigene Land ist als Urlaubsziel nach wie vor beliebt: 20 Prozent der Befragten verbringen ihre Ferien in der Schweiz.

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