Sollen Ärzte depressive Piloten wie Lubitz melden?
«In der Schweiz haben wir schon eine Lösung»

Ein Arzt wollte Todespilot Lubitz in die Psychiatrie einliefern lassen. Doch niemand wusste davon. In der Schweiz wäre dies wohl nicht passiert, sagt ein Sprecher des Pilotenverbandes.
Publiziert: 14.03.2016 um 20:49 Uhr
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Aktualisiert: 07.10.2018 um 10:47 Uhr
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Germanwings-Copilot Andreas Lubitz während einer Sportveranstaltung 2009 auf dem Flughafen Hamburg.
Foto: Keystone

Zwei Wochen bevor Co-Pilot Andreas Lubitz am 24. März 2015 die A320 von Germanwings in den französischen Alpen zum Absturz brachte und Menschenleben auslöschte, wollte ihn ein Arzt in eine Klinik einliefern lassen. Er hatte eine mögliche Psychose diagnostiziert und eine Einweisung empfohlen.

Doch ausser dem Arzt und Lubitz selber wusste niemand davon. «Weder die Behörden noch der Arbeitgeber waren informiert worden», heisst es im Schlussbericht der französischen Untersuchungsbehörde BEA. Es müssten deshalb «klarere Regeln» eingeführt werden, «um zu wissen, wann es notwendig ist, die ärztliche Schweigepflicht zu brechen».

Tausende Fälle in der Schweiz – aber kein Pilot

In der Schweiz gibt es diese klaren Regeln bereits. Hier können Ärzte, die befürchten, dass ihr Patient jemanden gefährden könnte, bei den Behörden ein Gesuch um Entbindung von der Schweigepflicht stellen. Diese entscheidet dann, ob der Arzt die Informationen weitergeben darf und soll. Dies ist in der Schweiz jährlich mehrere tausend Mal der Fall. «Wir haben in der Schweiz schon eine Lösung», sagt deshalb Henning Hoffmann, Geschäftsführer des Pilotenverbands Aeropers.

Doch war unter den Fällen auch ein Schweizer Pilot? «Mir ist kein einziger Fall bekannt», sagt Hoffmann. «Wir würden so etwas merken. Entweder, weil jemand freigestellt wurde oder sich jemand bei uns meldet.»

Trotzdem sieht er Handlungsbedarf. So arbeitet Aeropers daran, eine unabhängige Anlaufstelle einzurichten, wo sich Piloten aussprechen können. «Ein Ort, wo der Pilot weiss: ‹Hier kann ich hingehen, hier wird mir geholfen›», sagt Hoffmann. Dies bringe einen hohen Mehrwert und werde auch im Bericht der BEA empfohlen.

Weniger sinnvoll hält Hoffmann hingegen die Zwei-Personen-Regel im Cockpit, die nach dem Germanwings-Absturz eingeführt wurde. Geht ein Pilot zum Beispiel aufs WC, muss ein anderes Crew-Mitglied seinen Platz im Cockpit einnehmen.

Ganze Berufsgruppe und Generalverdacht

«Grundsätzlich sind wir offen für Änderungen, aber der Sinn dieser Idee ist fraglich. Denn sie birgt auch neue Risiken», sagt der Aeropers-Mann. So sei die Tür zum Cockpit nun viel öfters und länger offen. Zudem stelle sich die Frage, was die Person im Cockpit überhaupt verhindern kann.

Hoffmann geht es um Verhältnismässigkeit: «Wir dürfen nicht vergessen, dass das in Europa ein tragischer Einzelfall war. Ich finde es deshalb bedenklich, dass eine ganze Berufsgruppe unter Generalverdacht gestellt wird.» (sas)

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