So überzeugte Hassan Kiko seine Angela von der Flucht
«Er fragte: ‹Gömmer?›»

Wegen seiner Flucht aus dem Gefängnis droht Hassan Kiko eine Verlängerung seiner Haftstrafe. Und auch Aufseherin Angela Magdici soll hinter Gitter. Doch haben sich die beiden wirklich strafbar gemacht? BLICK veröffentlicht Auszüge aus der Einvernahme des Ausbrecher-Pärchens.
Publiziert: 22.07.2016 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 01:10 Uhr
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«Ich frage ja auch Sie, Frau Staatsanwältin, ob Sie mich rauslassen.» Hassan Kiko
Foto: KAPO ZUERICH
Viktor Dammann

Hat Hassan Kiko (27) eine strafbare Anstiftung zur Flucht begangen? Oder war es bloss eine nicht strafbare Erkundigung, als er seine Aufseherin Angela Magdici (33) fragte, ob sie ihn freilassen könne?

In der Einvernahme vom 6. Juli erklärt Magdici, sie habe sich von Hassan Kiko nicht unter Druck gesetzt gefühlt. BLICK fasst die wichtigsten Aussagen der Einvernahme zusammen.

Staatsanwältin Anette Schmidt: Bitte erzählen Sie mir nochmals möglichst detailliert, wie es dazu kam, dass Sie am 9. Februar 2016 Hassan Kiko aus der Zelle liessen und mit ihm nach Italien flüchteten?

Angela Magdici: Er hatte im Dezember 2015 die Gerichtsverhandlung (Kiko wurde wegen Vergewaltigung verurteilt – Red.), und dort kam das Thema zum ersten Mal auf. Dann sind wir gegangen.

Schmidt: Von wem kam die Idee?

Magdici: Die Idee war von ihm.

Schmidt: Was hatte er gesagt?

Magdici: Gömmer?

Schmidt: Wie haben Sie reagiert?

Magdici: Ich sagte: Nein.

Schmidt: Hat er Sie später wieder auf eine Flucht angesprochen?

Magdici: Nein. Ich hatte (...) begonnen, mir Gedanken zu machen.

Schmidt: Wann kam das Thema wieder auf?

Magdici: Im Dezember oder Januar vielleicht.

Schmidt: Wer hat es dann angesprochen?

Magdici: Ich hatte ihm gesagt, was mich beschäftigen würde und (...) dass wir es doch nicht machen sollten.

Schmidt: Hat Hassan Kiko Druck auf sie ausgeübt?

Magdici: Ich machte mir selber Druck.

Schmidt: Was hatte Sie schlussendlich bewogen, Hassan Kiko zur Flucht zu verhelfen?

Magdici: Ich wollte es, ich hatte die Entscheidung getroffen.

Schmidt: Hätten Sie den Gedanken auch gehabt, wenn Hassan Kiko Sie nicht darauf angesprochen hätte?

Magdici: Vielleicht schon, ja.

Nun wird Hassan Kiko, der bei der Einvernahme auch dabei ist, befragt.

Schmidt: Wie kam es aus Ihrer Sicht zur Flucht?

Hassan Kiko: Ich weiss nichts darüber. – Plötzlich fanden wir uns in einem Fahrzeug vor.

Schmidt: Und das soll ich Ihnen glauben?

Kiko: Das meine ich nicht. Dass wir nicht über die Sache nachgedacht haben, bis wir uns plötzlich in ihrem Auto vorfanden.

Schmidt: Wer hatte die Idee zur Flucht?

Kiko: Das war ich.

Schmidt: Mit welchen Worten hatten Sie die Idee unterbreitet?

Kiko: Ich weiss es nicht, ich habe einfach gefragt.

Schmidt: Wie hat Angela Magdici darauf reagiert?

Kiko: Sie hat direkt Nein gesagt.

Schmidt: Wer brachte das Thema erneut auf?

Kiko: Ich glaube, ich habe dann noch einmal gefragt.

Schmidt: Und sie?

Kiko: Immer: Nein.

Schmidt: Hätte Frau Magdici Ihnen auch zur Flucht verholfen, wenn Sie sie nicht danach gefragt hätten?

Kiko: Das müssen Sie sie fragen.

Kikos Anwalt, Valentin Landmann, stellt nun Ergänzungsfragen an Angela Magdici.

Anwalt Valentin Landmann: Als Herr Kiko Sie das erste Mal fragte: «Kannst du mich rauslassen?», haben Sie das überhaupt ernst genommen?

Magdici: Ja. Ich wusste, dass er gerade sein Gerichtsurteil bekommen hatte. Man hätte es in unserem Zustand schon auch nicht ernst nehmen können. Aber der Samen war gepflanzt.

Landmann: Konnte Herr Kiko wissen, ob Sie organisatorisch in der Lage wären, ihn rauszulassen?

Magdici: Nein.

Landmann: (Zu Hassan Kiko) Meinten Sie, Frau Magdici könnte Sie tatsächlich rauslassen?

Kiko: Ich wusste nicht, ob sie das kann oder nicht. Ich frage ja auch Sie, Frau Staatsanwältin, ob Sie mich rauslassen können.

Landmann: Haben Sie sich im Gefängnis in Frau Magdici verliebt?

Kiko: Ja. Ich weiss nicht, wann die Gefühle aufgekommen sind. Aber jetzt ist sie alles für mich.

Die Staatsanwaltschaft verlangt für die Ex-Aufseherin eine teilbedingte Gefängnisstrafe von 27 Monaten wegen Begünstigung und Entweichenlassens eines Gefangenen. Für Hassan Kiko wegen Anstiftung sechs Monate Knast.

Sein Anwalt Valentin Landmann wird auf Freispruch plädieren: «Eine blosse Frage kann niemals eine Anstiftung sein. Zumal mein Mandant Frau Magdici in keiner Weise unter Druck gesetzt oder durch ein Versprechen oder eine Zuwendung beeinflusst hat. Ein Beamter muss selber wissen, was er darf oder nicht.»

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