«So früh am Morgen Alkohol!»
Ein Volksfest aus den Augen von Flüchtlingen

Journalist Indika Gamaralalage (43, l.) und Fotograf Sasi Subramaniam (42) wollten in Aarau herausfinden, was typisch schweizerisch ist.
Publiziert: 18.09.2015 um 15:38 Uhr
|
Aktualisiert: 30.09.2018 um 16:30 Uhr
1/10
100 000 Besucher strömten an vier Tagen nach Aarau. Die Festbänke waren bis auf den letzten Platz besetzt.
Foto: Sasi Subramaniam

Mein Kollege Sasi Subramaniam und ich, wir kommen beide aus Sri Lanka. Wir besuchten am vergangenen Samstag das Eidgenössische Volksmusikfest 2015 in Aarau. Ich war noch nie an einem Volksfest in der Schweiz. Sasi weiss, wie die Schweizer feiern: Er wohnt in Glarus und war dort schon oft an Festen.

Als wir gegen 10.30 Uhr in Aarau ankamen, sahen wir gleich, wie schön die Stadt mit Fähnchen, Blumen und speziellen Logos für dieses Fest geschmückt war. Viele Leute waren bereits unterwegs, auch bunt gekleidete Gruppen mit Musikinstrumenten. Wir sind einfach mitgelaufen zum Festplatz.

Dieser war schon voller Menschen. Wir waren überrascht, wie viele bereits an den Tischen sassen und dort ihr Bier tranken. So früh am Morgen schon Alkohol! Bei uns in Sri Lanka gibt es an vergleichbaren Volksfesten nicht so viel zu essen. Und vor allem keinen Alkohol.

In Aarau verkauften die Essstände regionale Angebote aus den verschiedenen Kantonen, zum Beispiel «Treberwurst flambiert mit Küttiger Rüebli und Buurebrot» aus der Region Bielersee. Aber auch original Münchner «Weisswurscht» mit süssem Senf und Brot. Was uns auffiel: Obwohl das ein typisch schweizerisches Fest war, konnte man chinesisch, indisch oder thailändisch essen. Es zeigte uns, wie weltoffen die Schweiz ist.

Ich fragte meinen Kollegen, was für ihn an diesem Fest typisch schweizerisch sei. Er sagte: die Kühe mit den Glocken, die zahlreichen Fahnen, die Trachten, die ungewöhnlich langen Musikinstrumente, also die Alphörner. Ich fragte: Sind Bratwurst, Brot und Bier nicht auch typisch Schweiz? Wir mussten lachen.

Am Morgen war es noch ziemlich frisch. Aber das Essen, die kühlen Getränke, speziell das Bier, liessen viele Besucher ihre Jacken und Pullover ausziehen und die Sonne geniessen. Wir gingen durch die Gassen und Strassen. Überall trafen wir Gruppen aus verschiedenen Kantonen. Sie spielten die traditionelle Volksmusik aus ihrer Region.

Die Besucher blieben stehen, sahen den Musikern zu und hörten bewundernd ihre Musik. Einige Angetrunkene sangen und tanzten manchmal mit und riefen laut: «Bravo!» Die Leute amüsierten sich darüber. In Sri Lanka ist das anders, da hören die Leute konzentriert zu. Und es tanzt fast niemand. Instrumentalmusik ist eher selten. Wir singen dafür viel.

Uns fiel auf, dass vorwiegend ältere Menschen und Kinder, begleitet von ihren Eltern, stolz ihre festlichen bunten Trachten trugen. Jugendliche aber waren kaum unter den Zuhörern. Sie waren meist nur auf der Bühne anzutreffen. Das ist in unserer Heimat ganz anders, dort sind immer viele Jugendliche an den Festen dabei.

Am Schluss haben wir das Ritual der Fahnenübergabe miterlebt. Die Fahne des Eidgenössischen Volksmusikfests wehte mitten auf dem Bahnhofvorplatz. An der Seite standen bekannte Politiker. Einer hielt eine Festansprache. Anschliessend wurde die Fahne für das Volksmusikfest an Christine Egerszegi übergeben, die Präsidentin des Organisationskomitees. Sie bekam die Fahne von den Organisatoren des letzten Volksmusikfests in Chur im Jahr 2011.

Für uns war es ein schöner Tag: die Musik, die bunten Kleider, die vielen feiernden Menschen. Die Zeit ging schnell vorüber. Auf der Rückfahrt waren wir aber trotzdem ein bisschen traurig. Obwohl wir unter Tausenden feiernden Menschen waren, fühlten wir uns irgendwie fremd und einsam.

Denn mit keinem der vielen Besucher haben wir etwas länger sprechen können. Wenn wir in Sri Lanka an ein Fest gehen würden, wären wir wohl lange mit den Leuten am Tisch zusammengesessen, hätten getrunken und miteinander diskutiert.

Aber es ist klar: Wir kannten die Leute in Aarau ja nicht. Nach mehr als sechs Jahren in der Schweiz ist diese Welt noch immer fremd für mich. Vielleicht empfinden dies andere Ausländer ähnlich, die deshalb erst gar nicht kommen. Denn Ausländer waren kaum an dem Fest. Mein Kollege und ich waren die Einzigen mit dunkler Hautfarbe.

Das beliebteste Quiz der Schweiz ist zurück.
Jetzt im Blick Live Quiz abräumen

Beim Blick Live Quiz spielst du dienstags und donnerstags (ab 19.30 Uhr) um bis zu 1'000 Franken aus dem Jackpot. Mitmachen ist ganz einfach. Du brauchst dazu lediglich ein iPhone oder ein Android-Handy. 

  • Suche im App-Store (für iOS) oder im Google Play Store (für Android) nach «Blick Live Quiz».
  • Lade die «Blick Live Quiz»-App kostenlos runter und registriere dich.
  • Wichtig: Aktiviere die Pushnachrichten, sodass du keine Sendung verpasst.
  • Jetzt kannst du dein Wissen mit anderen Usern und Userinnen messen.
Das beliebteste Quiz der Schweiz ist zurück.

Beim Blick Live Quiz spielst du dienstags und donnerstags (ab 19.30 Uhr) um bis zu 1'000 Franken aus dem Jackpot. Mitmachen ist ganz einfach. Du brauchst dazu lediglich ein iPhone oder ein Android-Handy. 

  • Suche im App-Store (für iOS) oder im Google Play Store (für Android) nach «Blick Live Quiz».
  • Lade die «Blick Live Quiz»-App kostenlos runter und registriere dich.
  • Wichtig: Aktiviere die Pushnachrichten, sodass du keine Sendung verpasst.
  • Jetzt kannst du dein Wissen mit anderen Usern und Userinnen messen.
Fehler gefunden? Jetzt melden

Was sagst du dazu?