Sieben Jahre nach dem Flugzeug-Absturz von Nassenwil
Verfahren wird eingestellt – keiner soll schuld sein

Publiziert: 03.01.2007 um 23:30 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 23:38 Uhr
von silvana guanziroli
NASSENWIL ZH – Ungebremst bohrt sich die Crossair-Maschine in den Boden. Zehn Menschen sterben. Sieben Jahre später ist niemand dran schuld. Das Strafverfahren wird eingestellt.

Am 10. Januar jährt sich die Tragödie zum siebten Mal. Verschwunden sind die Spuren in Nassenwil. Der Acker, in den sich die Saab 340B gebohrt hat, ist längst wieder bewachsen. Vom metertiefen Krater und den weit verstreuten Trümmern ist nichts mehr zu sehen.

Einzig ein Gedenkstein an der Absturzstelle verhindert, dass das Unglück vergessen geht. Auf ihm stehen die Namen der zehn Opfer – der sieben Passagiere und drei Besatzungsmitglieder.

Dieser 10. Januar wird für ihre Hinterbliebenen besonders schwer. Der Tag besiegelt es: Niemand wird für den Tod ihrer Lieben zur Rechenschaft gezogen. Das Strafverfahren wird eingestellt. Gemäss Gesetz ist der Fall verjährt.

«Bei fahrlässiger Tötung liegt die Verjährungsfrist tatsächlich bei sieben Jahren», bestätigt der zuständige eidgenössische Untersuchungsrichter Jürg Zinglé.

Ein Affront für die Hinterbliebenden. Sieben Jahre haben nicht ausgereicht, um allfällige strafrechtliche Verantwortlichkeiten zu klären.

Im Februar 2004 wurde der Unfallbericht veröffentlicht. Seither wird gegen frühere Crossair-Chefs und den ehemaligen Direktor des Bundesamtes für Zivilluftfahrt ermittelt.

Bis zum heutigen Tag sind die Ermittlungen nicht abgeschlossen, der Abschlussbericht ist noch nicht geschrieben. Jürg Zinglé: «Er steht kurz vor der Fertigstellung. Wir wollen aber zuerst noch einen Zeugen vernehmen, einen Piloten.»

Wurde das Verfahren verschlampt? Warum brauchte das Büro für Flugunfalluntersuchung volle vier Jahre für die Erstellung des Unfallberichts?

Erst danach kann die Bundesanwaltschaft das Strafverfahren einleiten. Es kommt zu über 60 Zeugenbefragungen.

Im Januar 2005 gehen die Akten schliesslich ans eidgenössische Untersuchungsrichteramt. Es bleiben noch zwei Jahre bis zur Verjährung. «Die Zeit war schon sehr knapp», rechtfertigt sich Zinglé.

Der Zürcher Strafrechtsprofessor Daniel Jositsch sagt es deutlich: «Dass der Fall Nassenwil ohne Prozess verjährt, ist unbefriedigend.»

Das Problem ist bekannt. Jositsch: «Im Fall der fahrlässigen Tötung sind die Verjährungsfristen einfach zu kurz. Erst recht bei einem so komplexen Fall.» Der Strafrechtler fordert deshalb die Erhöhung der Höchststrafe und damit die Verlängerung der Verjährungsfrist.

Doch selbst dies hätte im Fall Nassenwil niemanden vor Gericht gebracht.

Untersuchungsrichter Zinglé überraschte gestern gegenüber BLICK mit einer weiteren Aussage. «Ich werde der Bundesanwaltschaft eine Einstellung auch aus materiellen Gründen beantragen. Der Verdacht wegen fahrlässiger Tötung habe sich in diesem Fall nicht erhärtet», so Zinglé.

Und das, obwohl der Unfallbericht aufdeckte: Bei der Einstellung und Ausbildung der Crossair-Unglückspiloten gab es Mängel.

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Tödlicher Crossair-Flug CRX 498 – was alles schief lief
Crossair-Flug CRX 498 dauerte nur 2 Minuten und 17 Sekunden. Die Maschine des Typs Saab 340B ist an diesem 10. Januar 2000 in Kloten gestartet, mit Kurs auf Dresden (D). Kurz nach dem Start bohrt sich Flug CRX 498 in einen Acker bei Nassenwil.

Das Flugzeug wird völlig zerstört. Für die 10 Insassen – 7 Passagiere und 3 Besatzungsmitglieder – gibt es keine Rettung. Sie werden beim Aufprall getötet. 4 Jahre später bringt der Unfallbericht des Büros für Flugunfalluntersuchung (BFU) die Gründe zutage. So gab es Verständigungsprobleme zwischen dem Piloten aus Moldawien und dem slowakischen Co-Piloten.

Sie unterhielten sich auf Englisch, obwohl der Kommandant die Fremdsprache nicht wirklich beherrschte. Das gravierendste Problem war jedoch, dass der Pilot Flugzeuginstrumente russischer Bauart gewohnt war. Dadurch intepretierte er den «künstlichen Horizont» falsch. Er glaubte, eine Linkskurve zu fliegen, tatsächlich war er in einer Rechtskurve. Der Autopilot konnte nicht automatisch korrigieren – er war nicht eingeschaltet.
Crossair-Flug CRX 498 dauerte nur 2 Minuten und 17 Sekunden. Die Maschine des Typs Saab 340B ist an diesem 10. Januar 2000 in Kloten gestartet, mit Kurs auf Dresden (D). Kurz nach dem Start bohrt sich Flug CRX 498 in einen Acker bei Nassenwil.

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