In der Schweiz gibt es keine Heckkamera-Pflicht für Lastwagen. Auch wenn die Gefahr allgegenwärtig ist, wagen es Nationalräte von links bis rechts nicht, an der Tatsache der blinden Brummis etwas zu ändern. Sie verschliessen die Augen.
Sogar die SP, die stets für mehr Sicherheit im Strassenverkehr plädiert und den Schutz der Arbeitnehmer grossschreibt, hält sich zurück. Der Berner SP-Nationalrat Matthias Aebischer (51): «Ich werde zu dieser Thematik keinen Vorstoss machen. In ein paar Jahren werden alle LKW eine Heckkamera haben. Das regelt der technische Fortschritt. Dafür braucht es kein Gesetz.»
Rechts und links für einmal einig
Auch die bürgerliche Mitte hat Schiss vor einer klaren Forderung. Der Bündner CVP-Mann Martin Candinas (38): «Der Unternehmer soll weiterhin entscheiden, ob er seine Lastwagen mit Heckkamera ausstatten will oder nicht.»
Ebenso defensiv gibt sich der Berner Grünliberale Jürg Grossen (49): «Ob eine Gesetzgebung Sinn machen würde, kann ich erst sagen, wenn ich die ganze Faktenlage mit Vor- und Nachteilen kenne.»
FDP-Nationalrat Thierry Burkart (43) unterstreicht, es handle sich beim Unglück in der Firma Giezendanner um einen Einzelfall. Deshalb, so der Aargauer: «Braucht es keine gesetzliche Heckkamera-Pflicht!»
Der Berner SVP-Nationalrat Adrian Amstutz (64) sieht es ähnlich: «Mit Röhrenblick nur auf diese Heckkamera-Pflicht sieht man das ganze Bild der Lastwagen-Sicherheit und der Sicherheit beim Rückwärtsfahren nicht.» Amstutz, Präsident des Schweizerischen Nutzfahrzeugverbands (Astag), ist überzeugt: «Heckkameras sind nur so gut, wie sie funktionieren. Im Zentrum stehen immer noch die Chauffeure.»
Verkehrsorganisationen freuen sich über Diskussion
Verkehrsorganisationen begrüssen die Diskussion, halten sich mit konkreten Forderungen aber auch zurück. Anders Gautschi, Geschäftsführer des Verkehrs-Clubs der Schweiz (VCS): «Grundsätzlich begrüssen wir die Einführung von Heckkameras bei LKW. Ein Gesetzesvorstoss für ein Obligatorium ist aber noch nicht geplant.»
Die deutlichsten Worte findet der Sprecher der Strassenopfer-Organisation Roadcross, Stefan Krähenbühl: «Ein Lenker muss immer genau wissen, was hinter seinem Fahrzeug passiert.» Krähenbühl sieht die Unternehmen in der Pflicht: «Wenn sie freiwillig keine Heckkameras installieren, muss man allenfalls ein entsprechendes Gesetz erwägen.»