Severin (19) fand aus der Drogenhölle zurück ins Leben
Dok-Filmstar in Ilanz totgefahren!

Auf dem Bauernhof fand er aus der Kriminalität und den Drogen zurück ins Leben. Sein Glück kam am Montagnachmittag zu einem jähen Ende, als er durch einen Verkehrunfall den Tod fand.
Publiziert: 28.01.2012 um 00:09 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 03:50 Uhr
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Severin S. (19).
Foto: ZVG
Von Beat Michel

Er hat geschafft, was nur wenigen gelingt. Severin S.* († 19) aus Ilanz GR ist der Kriminalität, dem Heim und der Drogenhölle entkommen. Er hat eine Lehre zum Metzger begonnen, ist längst Oberstift, hat eine Freundin – ein Leben. Doch sein neues Glück währte nicht lange.

Am Montagnachmittag starb Severin S. auf seinem Enduro-Töff. Er ist auf dem Heimweg von seiner Pflegefamilie, als ihm auf der Valserstrasse in Ilanz ein Postauto entgegenkommt. Plötzlich überholt ein Auto – und knallt frontal in ­Severin hinein. Aus dem Nichts taucht ein Motorradfahrer auf – ohne Licht. Der Autofahrer hatte keine Chance Severin zu sehen.


Erst seit ein paar Wochen wohnte Severin in einer WG in Ilanz. Zuvor war er knapp drei Jahre bei Vreni W.* (50) und ihrer Familie auf dem Bergbauernhof Mont.

Die Bäuerin und Mutter von drei Söhnen nimmt Problemkinder bei sich auf. Sie sollen durch die Arbeit in der Natur und mit den Tieren die Chance auf ein neues, besseres Leben bekommen. So auch «Sev», wie er hier oben von allen genannt wird. «Wir haben mit Sev eine sehr gute Zeit auf Mont erlebt. Er hat sich selber etwas Gutes aufgebaut in unserer Familie», sagt Vreni W.

Plötzlich überholt ein Auto – und knallt frontal in ­Severin hinein


Sevs Weg zurück ins Leben hat die deutsche Dokumentarfilmerin Sylvia Rothe (48) in ihrem Film «Mont – vom Suchen und Brauchen» festgehalten. Der Film wurde im Herbst 2011 am Film Festival von Lessinia (I) gezeigt.

In einem Interview für den Film beschreibt Severin sein ­Leben auf Mont so: «Ich habe Scheisse gebaut daheim, das heisst, Geld geklaut. Habe einfach nur gekifft, habe mich immer nur darum gesorgt: ‹Wann habe ich wieder so Zeug?› Aber auf Mont habe ich gelernt zu ­leben.»

Sein Tod stürzt seine Familie und die Menschen, die ihn auf seinem Weg begleiteten, in tiefe Trauer. Filmerin Sylvia Rothe drehte ein Jahr mit ihm. «Er war ein so sensibler Mensch. Severin hat die Arbeit auf dem Bergbauernhof geliebt. Ich kann es noch gar nicht fassen, dass er jetzt tot sein soll», sagt sie.

«Auf dem Bauernhof habe ich gelernt zu leben.»

Sevs Pflegebruder Lukas W. (24) schreibt auf Facebook: «Geschockt, fassungslos. Ma chan nüd mache, ma chan nüd denke, ma chan nüd fühle. R.I.P., Sev, du wirsch für immer zu üsere Familie ghöre.»

In der Metzgerei, wo Severin arbeitete, steht sein Foto. Immer wieder kommen Leute vorbei. «Er war ein richtig guter Mensch», sagt einer beim Vorbeigehen. «Einer, der es zurück ins Leben geschafft hat und jetzt so plötzlich aus diesem herausgerissen wurde.»
 

* Namen bekannt

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